Der „höhergelegte“ Golf: Volkswagen T-Roc

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Von Klaus H. Frank

Manche Zeitgenossen haben so ihre Probleme mit SUV (zu groß, zu schwer, Spritfresser, Klimaschädlinge, gefährlich). Unsinn: Es muss differenziert werden. SUV ist nicht gleich SUV. Es gibt solche und solche – und vor allen Dingen: Niemand braucht sich zu schämen, wenn er einen SUV fährt, nur weil die schrullige Nachbarin böse kuckt. Um eventuellen Kritikern etwas Wind aus den Segeln zu nehmen, haben wir für unseren Test deshalb einen sehr sozialverträglichen SUV ausgesucht. Einen, der sogar das Zeug dazu hat, seinem berühmten kompakten Bruder Golf in der Beliebtheitsskala den Rang abzulaufen: der Volkswagen T-Roc.

Der erste Blick: Zum Verlieben. In Umfragen schneidet dieser kompakte Volkswagen-SUV vor allem bei jungen Menschen hervorragend ab. Warum? Die jüngere Generation findet ihn cool, modisch und charmant, liebt die frischen Farben und das freche Styling. Satt und bullig steht er auf der Straße mit ausgestellten Radhäusern und fetten 19-Zöllern. Lichtstarke LED-Scheinwerfer (1057,64 Euro) machen die Nacht zum Tag und dominieren neben dem Grill die markante Front. Das Heck ist relativ stark abgeschrägt, sodass der T-Roc in der Silhouette fast wie ein Coupé wirkt. Und von der Größe her ist er absolut passend sowohl für Singles, Paare,  junge Familien und auch Senioren, deren Kinder aus dem Haus sind. Er ist mit 4,23 Metern Länge gerade mal so lang wie ein Golf und deshalb nicht überdimensioniert. Er eignet sich dank seiner Kompaktheit als Stadtfahrzeug (Wendekreis 11,1 Meter), aber auch als Langstreckenfahrzeug. Das ideale Alltagsauto. Fürs Gelände ist er selbst mit Allrad nur bedingt geeignet – die Bodenfreiheit von 16 Zentimetern reicht dafür nicht aus und ein Unterfahrschutz ist auch optional nicht lieferbar.

Kucken wir doch mal rein: Der Innenraum lässt von den Maßen her kaum Wünsche offen. Dank der Höhe von 1,57 Metern (acht Zentimeter höher als ein Golf), wirkt er ungeheuer luftig. Vorne sind die Platzverhältnisse sehr großzügig, hinten nicht ganz. In zweiter Reihe haben die Passagiere zwei Zentimeter weniger Fußraum als im Golf – das spürt man. Da wird’s knapp für Menschen über 1.80 Meter, die dann zwar nicht das Dach, aber mit den Knien die Rückenlehne des Vordermanns touchieren. Pluspunkte sammelt der T-Roc wegen seiner hohen Sitzposition (zehn Zentimeter höher als im Golf). Und dies vor allem bei der älteren Generation. Für sie ist die damit verbundene Übersichtlichkeit ein wichtiges Kaufargument. Das Gepäckabteil schluckt zwischen 445 und 1290 Liter – das reicht locker für einen Urlaub zu zweit. Zum Vergleich: Der Golf schluckt zwischen 380 bis 1270 Liter). Etwas störend ist die konstruktionsbedingt hohe Ladekante (79 Zentimeter) des Gepäckabteils im T-Roc.

Es herrscht aber nicht nur eitel Sonnenschein im Innenraum. Ziemlich hässlich  ist die Wüste aus Hartplastik – und das alles in einem tristen grau. Lediglich zwei dünne rote LED-Streifen in den Türen (für die Ambiente-Beleuchtung) beleben das langweilige Interieur. Wer hier unterschäumte Oberflächen sucht (wie sie beim Golf üblich sind) sucht vergeblich. Hartplastik findet sich wirklich überall, wohin das Auge auch fällt. Warum fragen wir uns? Und finden eine Erklärung nur darin, dass der T-Roc mit einem spitzen Rotstift gezeichnet wurde. Alles sollte vermutlich so preisgünstig wie möglich werden – leider aber ist es so nur billig geraten – im negativen Sinne.

Starten wir mal. Volkswagen hat uns ein Testfahrzeug mit dem 1,5-Liter Benziner mit 150 PS und dem maximalen Drehmoment von 250 Nm zwischen 1500 und 3500 Touren zur Verfügung gestellt. Ein angenehmes laufruhiges Triebwerk, das den T-Roc in 8,4 Sekunden von 0 auf 100 anschiebt und ihm eine Höchstgeschwindigkeit von 205 km/h verleiht. Den Normverbrauch gibt Volkswagen mit 5,4 Litern an. Im Test waren es dann im Durchschnitt 8,2 Liter. Viel zu viel, was jedoch an unserer eher sportlichen Fahrweise liegen dürfte. Wie üblich bei Volkswagen begeistern die TSI-Motoren mit hohem Drehmoment schon bei niedrigen Touren – fast wie im Diesel. Erwähnenswert ist das harmonische Zusammenspiel von Triebwerk und Sieben-Gang-DSG. Es schaltet so sanft, dass niemand an Bord es bemerkt.

Und wie fährt er: Sportlich – fast ein bisschen zu sportlich. Denn unser T-Roc in seiner kräftigen blauen Metallic-Lackierung ist die Version „Sport“. Und das bedeutet: ganz schön straff. Das kompakte SUV schüttelt uns manchmal recht ordentlich durch. Deshalb fahren wir am liebsten im Komfort-Modus. Sportliche Fahrer jedoch werden sich darüber freuen, wie knackig der Fronttriebler um die Ecken geht. Ganz generell ist zu sagen: Der T-Roc fährt wie ein Golf. Allerdings nicht ganz so souverän, besitzt er doch nur eine Verbundlenkerhinterachse, während der Golf eine Mehrlenkerhinterachse besitzt. Nur sitzen wie halt ein bisschen höher – genau 49 Zentimeter über dem Asphalt. Wer 1018,65 Euro in die adaptiver Fahrwerksregelung DCC investiert, hat sein Geld gut angelegt, denn die passt das Fahrwerk perfekt an, überzeugt mit einer Progressivlenkung und besitzt auch die Fahrprofilauswahl.

Liga der Heinzelmännchen. Mit fleißigen Helferlein (Assistenten genannt) ist der T-Roc gut versorgt. Spurhalteassistent und Notbremsassistent mit Kollisionswarnung samt Personenerkennung sind Serie. Es gibt einen Spurverlassens- und den Toter-Winkel-Warner. Klasse ist der Parklenkassistent (774,96 Euro), der unter anderem selbsttätig ein- und ausparkt und mit Radar-Sensoren in der Heckschürze auf den kreuzenden Verkehr achtet sowie beim Rückwärtsausparken vor Gefahren warnt. Äußerst hilfreich sind die automatische Distanzregelung und die Verkehrszeichen-Erkennung – alle wachen darüber, dass nichts schief läuft. Leider erledigen die Heinzelmännchen ihre Arbeit nicht umsonst, sondern lassen sich meist extra bezahlen. Empfehlenswert ist das Ordern des Fahrerassistenzpakets „Plus“, das die meisten dieser nützlichen Details enthält und 1584,04 Euro kostet. Toll finden wir die Möglichkeit, das Handy in einer Ladeschale induktiv zu laden (im Paket 453,28 Euro) und den Schlüssel mit den persönlichen Einstellungen zu programmieren. Auch ein digitales Cockpit mit hervorragender Auflösung finden wir im T-Roc – ganz wie bei den großen Brüdern. Selbstredend ist auch die Konnektivität perfekt – es gibt Android Auto, Apple Car Play und Mirror-Link.

Gerne wird nach dem „Wieviel Auto braucht der Mensch?“ gefragt. Wir konkretisieren dies und fragen: Wieviel SUV braucht der Mensch? Die Antwort: Eigentlich nicht mehr als einen T-Roc, sofern darin nicht die Großfamilie gefahren werden muss, Werkzeug des Handwerkers transportiert werden muss oder das eigene Ego aufpoliert werden muss. Der T-Roc ist der Golf der SUVs, ein klassenloses, schickes Auto zum akzeptablen Grundpreis von 21 170 Euro (1.0 TSI). Der von uns getestete T-Roc Sport 1.5 TSI liegt bei 28 707,55 Euro – allerdings ohne dessen reichhaltige Sonderausstattung. Die treibt den Preis gleich nochmal um ein paar Tausender nach oben. Trotzdem: Daumen hoch für den Volkswagen T-Roc. (autour24/khf)

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