Die Funktion eines Turboladers und welche Probleme es geben kann

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Von Klaus H. Frank

Das Wort Turbo hat wohl schon jeder Autofahrer in den Mund genommen. Meist dann, wenn den Stammtischbrüdern deutlich gemacht werden soll, dass das Auto ordentlich was unter der Haube und richtig „Bums“ hat. Ob der stolze Zeitgenosse aber genau weiß, was dieser Turbo in seinem Fahrzeug bewirkt, ist zu bezweifeln.

Eine kurze Erklärung: Der Turbolader, auch Abgasturbolader genannt, nutzt die Energie des Abgases, um den Motor mit zusätzlicher Frischluft „aufzuladen“ und so die Leistung zu erhöhen. Daher spricht man bei Turbomotoren auch von aufgeladenen Motoren. Im Wesentlichen besteht der Turbolader aus zwei Turbinen, dem Turbinenrad und dem Verdichterrad. Beide sind über eine Welle miteinander verbunden, aber in zwei getrennten Gehäusen verbaut. Das Turbinenrad sitzt im Abgastrakt des Motors am Auspuffkrümmer.

Durch den Druck der heißen Abgase wird die Turbine in Rotation versetzt. Und zwar sehr schnell, mit bis zu 300.000 Umdrehungen in der Minute. Mit der gleichen Geschwindigkeit dreht sich am anderen Ende der Welle das Verdichterrad, das mit dem Ansaugtrakt des Motors verbunden ist. Das rotierende Verdichterrad saugt zusätzliche Frischluft an, verdichtet diese im Verdichtergehäuse und presst sie anschließend mit Überdruck in den Zylinder. Zur so gesteigerten Frischluftmenge kann nun zusätzlich Kraftstoff eingespritzt werden, wodurch die Leistung des Motors steigt.

Ladeluftkühler erhöhen Wirkungsgrad und damit die Leistung

Leistungsstarke Turbomotoren besitzen meist auch einen Ladeluftkühler. Dieser hat die Aufgabe, einen Teil der Wärme, die bei der Verdichtung der Luft entsteht, wieder abzuleiten. Da Gase sich bei steigender Temperatur ausdehnen, beziehungsweise bei sinkender Temperatur zusammenziehen, ist durch die Abkühlung der Ladeluft ein höherer Luftdurchsatz im Brennraum möglich. Das wiederum erhöht den Wirkungsgrad und die Leistung des Motors.

Im Gegensatz zum Turbo saugen sich Motoren ohne Aufladung die Frischluft allein durch Unterdruck in den Zylinder. Dieser entsteht durch die Abwärtsbewegung des Kolbens in einem der vier Arbeitstakte des Motors, dem sogenannten Ansaugtakt. Daher bezeichnet man Motoren ohne Aufladung auch als Saugmotoren.

All dies ist nur eine sehr vereinfachte Erklärung, denn zur modernen Turbotechnik gehört viel mehr – Schlagworte sind: Ladedruckregelung, VTG-Lader (variable Turbinen-Geometrie, Bi-Turbo- oder Twin-Turbo, Anströmung der Leitschaufeln etc.

Alles begann mit dem BMW 2002 turbo

Zu Beginn der Ära mit aufgeladenen Motoren spielte der Turbolader vor allem im Motorsport und bei der Leistungssteigerung sportlicher Modelle eine wichtige Rolle. So wie beim BMW 2002 Turbo, dem ersten deutschen Serienfahrzeug mit einem Abgasturbo. Dann setzte auch beim Diesel der Siegeszug des Turbos ein. Der VW Golf GTD war einer der Vorreiter. Die Technik wurde verfeinert und verbreitete sich schnell, so dass heutzutage Selbstzünder ohne Aufladung und Direkteinspritzung undenkbar sind. Es geht aber nicht mehr nur um die Steigerung der Leistung, sondern vor allem auch um die Reduzierung der Verbräuche, besseres Abgasverhalten und Komfort.

Komplizierte Technik, trotzdem Langlebigkeit

Obgleich die Technik recht kompliziert erscheint, so erstaunlich langlebig sind Turbolader. In der Regel wird kaum ein Autofahrer je Turbolader-Schaden erleben, da diese Bauteile in der Regel mehrere hunderttausend Kilometer halten. Gelegentlich kommen aber Fremdkörper in die Ansaugluft und damit auch in den Turbolader. Selbst wenn es sich hierbei nur um Sandkörner handelt, kann der Schaden enorm sein und dazu führen, dass der Turbolader gewechselt werden muss. Auch Probleme an der Abgasanlage sind eine häufige Ursache für Schäden am Turbolader. Besonders anfällig sind Dieselmotoren mit Rußpartikelfilter. Setzt sich der Partikelfilter zu, beispielsweise wenn das Auto überwiegend im Stadtverkehr eingesetzt wird, wo der Filter nicht freibrennen kann, entsteht ein Rückstau im Abgastrakt, der direkt auf die Turbine wirkt. Die dabei auf das Turbinenrad wirkenden Kräfte können so stark sein, dass die Welle einen Schlag erhält. In der Folge kommt es zu einem typischen Symptom: dem Pfeifen des Turboladers. Das ungewöhnliche Geräusch kündigt von einer beschädigten Turboladerwelle. Das Pfeifen kann auch in der Anfangsphase einer mangelnden Ölversorgung auftreten.

Wer solche Pfeifgeräusche an seinem Turbomotor feststellt, sollte das Auto schnellstens in einer Werkstatt untersuchen lassen, um gravierenden Schäden vorzubeugen. Jegliche mechanische Beschädigungen an der Auspuffanlage, die den Abgasdurchsatz verringern, haben den selben gefährlichen Effekt. Beispielsweise ein durch einen Parkrempler zugedrücktes Auspuffendrohr. Solche harmlos wirkenden Schäden müssen bei Turbomotoren umgehend behoben werden.

Einen defekten Turbolader kann man über eine Kontrollleuchte im Armaturenbrett oder über eine entsprechende Mitteilung auf dem Bildschirm des Wagens erkennen. Der Defekt ist aber auch durch eine deutlich abfallende Motorleistung erkennbar. In keinem Fall sollte lange mit einem defekten Abgasturbolader weitergefahren werden: Ein Neukauf ist dringend erforderlich.

Ein Tipp für längere Haltbarkeit

Da ein Turbolader bis zu 300.000 Umdrehungen pro Minute dreht, benötigt die Welle der beiden Schaufeln immer ausreichend Schmierung. Nach dem Anlassen des Motors kann es bis zu 30 Sekunden dauern, bis sich das Öl gleichmäßig verteilt und alles optimal geschmiert ist. In dieser Zeit sollte der Fahrer den Lader möglichst nicht übermäßig belasten. Das heißt: Kurz nach dem Motorstart besser hohe Drehzahlen vermeiden. Vorsicht ist außerdem kurz vor dem Abstellen des Motors angebracht. Die beweglichen Teile im Turbo stoppen nicht bei niedriger Drehzahl, sondern drehen noch lange nach. Deshalb bietet es sich zum Beispiel nach schnellen Autobahnetappen an, den Motor noch ungefähr eine halbe Minute im Leerlauf laufen zu lassen, um den Lader in dieser Zeit mit Öl zu versorgen. Und ihn erst dann abzustellen. Andernfalls kann er stark beschädigt werden. Ein penibel eingehaltener Wartungsplan ist ebenfalls Pflicht bei einem Turbomotor. Für die meisten Turbolader-Schäden ist eine unzureichende Schmierung verantwortlich.

Eine Reparatur ist eigentlich gar nicht so schwierig

Auch wenn „den halbe Motor auseinandergebaut werden muss“, um den Turbolader zu wechseln, ist diese Arbeit auch für weniger erfahrene Bastler gut zu schaffen. Allerdings muss für den Motor eine passende Anleitung vorliegen, nach der man sich dann streng richten muss. Es empfiehlt sich, auch den Ladeluftkühler auf eventuelle Trümmer des Turboladers zu untersuchen. Da das Lager des Turboladers mit Motoröl geschmiert wird, ist es empfehlenswert, auch dieses zu wechseln.

Häufig entsteht ein Schaden am Turbolader durch mangelnden Ölfluss zum Lager. Ist die Ölversorgung des Turboladers beeinträchtigt, bilden sich schnell Riefen auf der Lagerfläche der Welle. In der Folge kann die Welle reißen. Gründe für die mangelnde Ölversorgung: schlechtes Öl, Fremdkörper oder Kraftstoff im Öl, ein verstopfter Ölfilter und auch verstopfte Ölkanäle im Motor.

Deshalb sollten auf jeden Fall die Ölleitungen kontrolliert und am besten mit ausgetauscht werden. Sämtliche Dichtungen müssen ebenfalls ausgewechselt werden. Da diese nicht immer mit dem neuen Turbolader mitgeliefert werden, sollten sie gleich mitbestellt werden. Nach dem Austausch des Laders sollte die Gängigkeit der VTG-Verstellung (Variable Turbinen Geometrie) geprüft werden, sofern der  Motor damit ausgestattet ist. Auch dazu findet sich für das passende Modell eine Dokumentation und eine präzise Anleitung. Dieser Test ist in der Regel in wenigen Minuten erledigt und erfordert weder spezielles Werkzeug noch besondere Messinstrumente.

Günstige Ersatzteile

Um den Abgasturbolader des Autos auszutauschen, gibt´s im Zubehörhandel Neuteile vom Fahrzeughersteller oder vom Hersteller des Turboladers, in der Regel sind dies BorgWarner oder Garrett. Andererseits werden auch zahlreiche generalüberholte Produkte von verschiedenen Anbietern verkauft. Diese sind nicht weniger zuverlässig, zeichnen sich aber durch einen erheblich niedrigeren Preis aus. Allerdings muss häufig eine Kaution hinterlegt werden, die zurückerstattet wird, sobald der alte, defekte Turbolader eingeschickt wird. Bevor der neue Abgasturbolader bestellt wird, sollte überprüft werden, ob die nötigen Dichtungen mitgeliefert werden. Andernfalls kann ein passender Dichtungssatz über die komfortable Teilesuche des Zubehörhändlers gefunden werden und günstige Anbieter miteinander verglichen werden. (autour24/khf)

 

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