Knicklenker-Zugmaschinen: Fendt GT 360/S und Mercedes Uniknick 60

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Von Karl Seiler

 Land- oder forstwirtschaftliche Zugmaschinen mit Knicklenkung bieten optimale Wendigkeit auf kleinem Raum waren. In Kleinserien wurden nur Geräteträger von Fendt und Unimog von Mercedes-Benz zu Knicklenkern umgebaut und zwei dieser extrem seltenen Maschinen – ein Fendt GT 360/S und ein Uniknick UK 60 – fahren heute in der Oberpfalz.

Erste Erwähnung findet die Knicklenkung bereits 1685 bei einem dreirädrigen Rollstuhl-Wägelchen und 1835 übernahm ein englischer Wagenbauer diese Technik für Pferdewagen. Der Einsatz in Kraftfahrzeugen wurde aber erst ab 1940 mit Gelenken möglich, die sich zusätzlich um die Querachse bewegen lassen. Das erlaubt auch auf unebenem Gelände kleine Wenderadien. So entstanden Bau- und Arbeitsmaschinen, seit 1953 vor allem Holder Vierradschlepper und in jüngster Zeit Motor-Rasenmäher mit Knicklenkung.

Von Fendt entwickelt – von Tünnißen & Stocks gebaut

Der 1937 gegründete Traktorbauer Fendt im schwäbischen Marktoberndorf brachte 1953 seinen ersten Geräteträger auf den Markt. Dem folgten in den 60er und 70er Jahren verschiedene GT-Modelle der Baureihe 200 und 1984 die Baureihe GT/GTA 300. Für diese wurden Sondermodelle mit Knicklenkung noch bei Fendt entwickelt – der Umbau wurde aber dann der Spezialmaschinenfirma Tünnißen & Stocks im westfälischen Neukirchen-Vluyn überlassen.

Vom komplett in Orange im Januar 1991 angelieferten Serien-Kommunalfahrzeug 360 GT mit luftgekühltem, 44 kW/60 PS starkem 3,1-Liter-Dreizylinder von Deutz, Hinterradantrieb inklusive Differentialsperre und Kardanbremse wurden zuerst Ladefläche und Vorderachse abgebaut. Anschließend wurde der Mittelholm um 25 Zentimeter verkürzt. Nach den von der Baywa übermittelten Kundenwünschen – Besteller war hier das Grünflächenamt der Stadt Krefeld – montierte Werner Tünnißen dann ausschließlich selbst gefertigte Neuteile oder Original-Komponenten von anderen Fendt-Modellen.

Zweifache Lenkung ermöglicht extrem kleinen Wendekreis

Das serienmäßige 21/6 Overdrive Vollsyncron-Feinstufengetriebe wurde seitlich um den Nebenantrieb der größeren Allrad-Modelle ergänzt, um über eine Kardanwelle die neue, vom größeren Allrad-Modell 365 GT stammende und elektrisch zuschaltbare Vorderachse mit Mittendifferential anzutreiben. Für die Knicklenkung wurde ein umfangreiches Hydraulik-System mit Ventilen, Schläuchen und doppelt wirkenden Hydraulikzylindern montiert. Auf dem nun beweglichen Vorderwagen kam der verstärkte Industriefrontlader Fendt 3 S mit einer Vier-in-Eins-Schaufel.

Durch die ungewöhnliche Kombination einer Knicklenkung mit einer weiterhin normal lenkbaren Vorderachse mit relativ kleinen Rädern reduziert sich der Wendekreis des GT 360/S nicht nur auf weniger als sechs Meter – der Geräteträger kann auf weichem Untergrund oder empfindlichem Bewuchs auch im „Hundegang“ mit parallel nebeneinander liegenden Fahrspuren gefahren werden. Auf der Straße und mit maximal 40 km/h ist die Benutzung der Knicklenkung jedoch nicht erlaubt und diese wird dann durch Streben blockiert.

Letzter von fünf gebauten Fendt GT 360/S in Deutschland

Das rundum verglaste Fahrerhaus mit luftgefedertem Kramer-Sitz und Standheizung hat der jetzige, erst zweite Besitzer Martin Bodensteiner um einen komfortablen Beifahrer-Sitzplatz erweitert. Zusätzlich brachte er auch noch eine Fronthydraulik für seine Arbeiten als Nebenerwerbslandwirt und Waldbesitzer an. So erfreut er sich an dem wohl einzigen (von fünf gebauten) GT 360/S, der in Deutschland erhaltenen blieb, pflegt Kontakte zum inzwischen 85jährigen Erbauer Werner Tönnißen ebenso wie zu Anne Van der Heide als Besitzer eines GT 365/S im holländischen Sneek. Bis zu 40.000 Euro wurden für den GT 360/S schon geboten – verkauft wird er aber (vorerst) nicht. Für Interessenten am Fendt-Knicklenker ist der Besitzer er aber  über Martin.Bodensteiner@t-online.de erreichbar.

Mit Mercedes-Teilen bei Forsttechnik Werner in Trier gebaut

Der Uniknick UK 60 wurde bereits 1975 auf Basis des Unimog 421 aus extra von Mercedes-Benz gefertigten Teilesätzen für Sonderfahrzeuge beim Forstmaschinen-Hersteller Werner in Trier gebaut. Dabei wurden für den Triebkopf der wassergekühlte, 44 kW/60 PS starke 2,4-Liter-Vierzylinder-Diesel OM 616, das DB-Getriebe Typ G 2×4, das offene Fahrerhaus mit Planen-Verdeck des U421 und dessen vordere Rahmenhälfte verwendet. Vom U406 stammen der hintere Rahmenteil sowie die starre, an Schraubfedern aufgehängte Hinterachse und eine solche wird auch als Vorderachse eingesetzt.

So können an Front und Heck alle Anbauten des U421 bzw. U406 eingesetzt werden. Zur hydraulischen Lenkung kommen hydraulische Innenbackenbremsen mit Druckluftunterstützung, eine Federspeicherbremse als Feststellbremse hinten und Reifen der Größe 14,9/13-26 oder 500/60-22,5 auf entsprechenden Felgen. Um damit die Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h nicht zu überschreiten, sind an den Achsen von Rheinmetall entwickelte Untersetzungsgetriebe angeflanscht.

Uniknick-Vorteile gegenüber bekannten Forst-Unimogs

Für den Einsatz als Rückefahrzeug sind Front- und Heckpolter, eine 2 x 6 Tonnen ziehende Gloggler-Doppelwinde und ein Schutzrahmen über dem Fahrerhaus montiert. Im Vergleich zu bekannten Forstunimogs bietet der Uniknick UK 60 einige Vorteile: Optimale Wendigkeit auf kleinem Raum ermöglicht effizientes Arbeiten, auch am Steilhang. Dabei erfolgt das Positionieren des Polters allein durch die Lenkbewegung und die hohe Verwindung der beiden Starrachsen erlaubt den Einsatz im unwegsamen Gelände. Außerdem laufen die Räder von Vorder- und Hinterteil spurüberdeckend und das reduziert den Rollwiderstand.

Bei Straßenfahrt ist jedoch zu beachten, dass der Fahrkurs mehr oder weniger bogenförmig verläuft. Alles zur sicheren Handhabung hat Michael Meckl aus Eslarn aber von seinem Onkel gelernt, der 1975 den Uniknick UK 60 für etwa 80.000 D-Mark erwarb und ihn Jahrzehnte in den Wäldern an der böhmischen Grenze einsetzte. Vom Neffen perfekt restauriert, ist er heute als „einer von drei, die von 12 gebauten noch bekannt sind“ extrem selten und nach einem Oldtimer-Gutachten rund 100.000 Euro wert. (autour24/KaSe)

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