Mitsubishi Pick-up L200: Ein wahrer King „off“ the Road

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Von Klaus H. Frank

Wenn‘s um des Deutschen liebstes Kind, das Auto, geht, dann fällt immer mal das Wörtchen Hingucker. Gemeint sind damit in der Regel extrovertierte und superteure Schickimicki-Sportwagen oder bombastische Luxuslimousinen. Es gibt aber Fahrzeuge, die laufen diesen Exoten in Sachen Aufmerksamkeits-Faktor ganz locker den Rang ab. Der Mitsubishi Pick-up L200 in seiner Off-Road-Version ist so einer. Alt und Jung, Frau und Mann verdrehen sich den Hals danach. Selten haben wir mehr Aufmerksamkeit für einen Testwagen erhalten, wie für diesen Mitsubishi Pick-up.

Er ist ja auch ein Hammer, der L200 als Doppel-Kabine – und zwar in der Off-Road-Version. Ein kleiner Monster-Truck mit der Höhe von 1,83 Meter und der überdimensionalen Länge von 5,30 Meter. Die satte Breite von 1,82 Meter, erscheint durch drei Zentimeter Kotflügelverbreiterung noch wuchtiger.  Die fetten 265er-18-Zoll-Schlappen (ein Satz kostet 3976 Euro) toppen den imposanten Auftritt, wirken in den riesigen Radhäusern allerdings fast ein bisschen verloren – aber das alles hat seinen Sinn. Denn das australische TJM-Fahrwerk (1949 Euro) ist um etwa fünf Zentimeter höhergelegt (Bodenfreiheit 20,5 Zentimeter), damit ausreichend Federweg für den Geländeeinsatz vorhanden ist.

Die Höherlegung des L200 hat aber auch einen Nachteil. Wer die Sitze erklimmen will, der steigt nicht ein, sondern klettert hinauf. Nicht ganz einfach ist das. Das Aussteigen auch nicht. Der L200 hat dort, wo normalerweise Trittbretter montiert sind, nur ein stabiles Stahlrohr, das sehr schnell verdreckt.  Unweigerlich rutschen beim Aussteigen dort die Hosenbeine entlang – eine ziemlich lästige Sauerei für den, der mal im „feinen Zwirn“ zum Gala-Diner unterwegs ist.

Widmen wir uns nun aber der wirklichen „Bestimmung“ eines Pick-up: Die Alltagstauglichkeit, hauptsächlich die der Ladefläche. Nun beim Testfahrzeug ist sie zugunsten der Doppelkabine leicht beschränkt auf 1,62 Meter Länge. Aber es reicht. Die Breite beträgt 1,47 Meter und die Höhe bis zur Oberkante der Bordwand 48 Zentimeter. Es könnte ordentlich viel untergebracht werden, wäre dort nicht platzraubend das voluminöse Ersatzrad festgezurrt, was das Lade-Volumen deutlich begrenzt. Allerdings ist all das, was transportiert werden soll, gut geschützt durch eine feste Abdeckung aus Aluminium (1945 Euro). Die wiederum entpuppt sich nicht als das Gelbe vom Ei, denn sie lässt sich wegen des darauf montierten Überrollbügels (677 Euro) und der knallroten Sandboards (205 Euro) nur eingeschränkt in einem sehr schmalen Winkel öffnen.

Wirklich hervorragend ist die Geländetauglichkeit des L200. Dafür sprechen  einige Werte, die den echten Off-Roader sicherlich brennend interessieren: Mit einem Böschungswinkel von 22 Grad hinten und 30 Grad vorne sowie einem Rampenwinkel von 24 Grad ist dem L200 kein Berg zu steil. Der Kippwinkel von 45 Grad lässt extreme Schrägfahrten zu, ohne Angst haben zu müssen, gleich umzukippen. Und der Steigwinkel von satten 70 Grad macht den Pick-up zu einer wahren Bergziege.

Sehr gut ist die Wattiefe von 54 Zentimetern, für die ein an die A-Säule angeflanschter Schnorchel (555 Euro) sorgt. Er verhindert den gefürchteten Wasserschlag, wenn  beim Durchfahren eines Flusses der  Motor Wasser ansaugt und den Geist aufgibt. Die Anhängelast beträgt 3,1 Tonnen.

Und was ist noch wichtig im harten Geländeeinsatz? Natürlich ein perfekter Allradantrieb. Den besitzt der L200 und profitiert von den großen Erfahrungen, die Mitsubishi im Rallyesport gesammelt hat. Die japanische Marke kann mit ihrem Pajero bei der Rallye Dakar auf zwölf Siege zurückblicken  – von 2001 bis 2007 sogar siebenmal in Folge. Wenn das keine Empfehlung ist?

Wenn der Untergrund kritisch oder ein Ausritt ins Gelände geplant ist, kann mit einem Drehschalter auf der Mittelkonsole zwischen Heckantrieb und Allradantrieb gewechselt werden – und zwar bis zu einer Geschwindigkeit von 100 km/h. Unser Testfahrzeug war mit dem differentialgesteuerten permanenten Allradsystem „Super Select 4WD-II“ ausgestattet, in dem zusätzlich ein sperrbares Mitteldifferenzial und eine Geländeuntersetzung integriert ist. Mit dem Drehschalter kann zwischen den vier Fahrmodi für Schotter, Schnee, Sand und steiniger Untergrund gewählt werden. So wühlt sich der L200, weil das Drehmoment symmetrisch auf beide Achsen verteilt wird, durch jegliche Art von Dreck und Morast. Äußerst praktisch ist die Bergabfahrhilfe, mit der dank einer voreingestellten Geschwindigkeit Bergabfahrten zu einem entspannten Manöver werden. Der Fahrer kann die Füße von den Pedalen nehmen und muss nur noch lenken.

Sollte dennoch mal alles schief laufen und der L200 im Morast versinken und feststecken, dann hilft die 2778 Euro teure Seilwinde TJM Torq 9500 mit 4,1 Tonnen Zuglast. Damit kann sich das Fahrzeug dann selbst aus dem Schlamassel ziehen – lediglich ein Baum muss gefunden werden, um das Seil der Winde drumherum zu wickeln. Einziger Nachteil der Seilwinde: Sie reduziert den vorderen 30prozentigen Böschungswinkel um einiges.

Der Pick-up kann aber nicht nur Gelände, nein, er kann auch abseits davon  komfortabel bewegt werden. Natürlich darf auf Asphalt kein sänftenartiger Charakter erwartet werden, besitzt der Mitsubishi L200 doch nur die typischen Attribute eines harten Offroaders, nämlich einen Leiterrahmen sowie Starrachse mit Blattfedern. Und die macht sich manchmal ziemlich polternd bemerkbar.

Dennoch: Mit dem Pick-up lässt es sich auf der Autobahn angenehm und relativ geräuscharm cruisen, selbst bei hohem Tempo, denn der L200 schafft immerhin eine Spitze von 174 km/h. Die Kraft hierfür liefert ein 2,2-Liter- Diesel mit 150 PS und 400 Nm Drehmoment ab 1750 Umdrehungen. Sicherlich ist das Triebwerk kein Temperamentsbolzen, soll es seiner Bestimmung gemäß auch nicht sein. Immerhin: Den Sprint auf 100 schafft der Pick-up in guten 12,4 Sekunden. Die Sechsgang-Wandlerautomatik versieht sanft und unauffällig ihre Arbeit. Wer die Höchstgeschwindigkeit nicht ausreizt, kommt sogar mit einem moderaten Verbrauch von A nach B. Im Test schluckte der Mitsubishi Pick-up im Durchschnitt 9,4 Liter. Der Normverbrauch gibt Mitsubishi mit 7,9 Liter an.

Unser Testfahrzeug als Doppelkabine in der TOP-Ausstattung überrascht positiv  mit einem gediegenen Innenraum-Ambiente. Eigentlich kommt selten der Gedanke auf, in einem als Nutzfahrzeug konzipierten Pick-up zu sitzen. Natürlich dominiert Hartplastik, aber dank Klavierlack, Chrom und Alu sieht alles sehr wertig aus, es gibt USB-Anschlüsse und ein großes Info-Display. Wir finden unter anderem ein beheizbares Lederlenkrad und beheizbare Ledersitze, elektrische Fensterheber, Rückfahrkamera, Einparkhilfe, Zentralverriegelung und elektrische Außenspiegel. Zudem gibt’s moderne Assistenzsysteme wie Auffahrwarnsystem mit Fußgängererkennung, 360-Grad-Kamera, Notbremsassistent, LED-Scheinwerfer, Fernlichtassistent sowie einen Totwinkel- und Querverkehrswarner. Eigentlich ist alles vorhanden, was wir auch in einer großen Limousine erwarten. Die Platzverhältnisse sind gut, vorne allemal, und in der zweiten Reihe reicht es auch für drei Personen, sofern sie nicht die Republik komplett von Nord nach Süd in einem Rutsch durchreisen wollen.

Wichtig zu wissen: Der L200 in der Off-Road-Version ist nicht „von der Stange“ zu kaufen, sondern muss als Sondermodell vom Käufer konfiguriert und dann beim „Fachhändler des Vertrauens“ zusammengestellt werden. Was da alles verbaut werden kann, ist nicht billig und summiert sich bei unserem Testwagen auf das stattliche Sümmchen von genau 17 448,70 Euro (plus Arbeitslohn). Die werden auf den Preis der Doppelkabine in der TOP-Version draufgeschlagen, was sich auf mindestens 62 438,70 summiert. Nicht billig zwar – aber der Aufmerksamkeitsfaktor des Mitsubishi L200 Off-Road ist halt nun mal unbezahlbar. Unbestritten ist er ein King „off“ the Road.(autour24/khf)

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