Opels neuer Astra ist da – und wieder zuhause in Rüsselsheim

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Von Klaus H. Frank

Es war ein großer Tag und ein bewegender Moment für die Opelaner, als letzte Woche der neue Opel Astra endlich wieder im Stammwerk Rüsselsheim vom Band lief. 2015 war die Produktion aus Kostengründen (Opel stand kurz vor dem Aus) ins polnische Gleiwitz verlegt worden, nachdem dieses für Opel wichtigste Modell 86 Jahre lang (anfangs als Kadett) im hessischen Stammsitz gebaut worden war. Nach der Übernahme durch den französischen Konzern PSA im Jahr 2017 und dem damit verbundenen massiven Stellenabbau scheint heute der Standort Rüsselsheim gesichert zu sein. Dennoch ist die Marke nicht mehr ganz das, was sie mal war. Opel ist nach der Fusion von PSA mit Fiat Chrysler im großen Stellantis-Konzern aufgegangen und neben Peugeot, Citroen, DS, Alfa Romeo, Fiat und Jeep eine Marke von vielen.

Die Opel-Macher blicken jedoch zuversichtlich in die Zukunft. Mit weiteren Modellen, die – wie der neue Astra – in Rüsselsheim entwickelt, designed und gebaut werden, soll die Marke ihre Originalität und Eigenständigkeit bewahren und stärken. Die wichtigste Perspektive für die Zukunft: Die komplette Elektrifizierung aller Modelle bis 2028. Vorerst aber ist der Blick auf den Sommer gerichtet, dann nämlich soll der Sportstourer (Kombi) auf den Markt kommen. Ein extrem wichtiges Modell für Opel, denn 65 Prozent aller Astra fahren als Kombi auf unseren Straßen.

„Astra besitzt die Opel-DNA bis in die letzte Schraube“

Doch nun zum neuen Astra selbst. Vom Stellantis-Konzern angestrebte Synergie-Effekte gehen am neuen Astra nicht vorbei. Opel nutzt die EMP2-Plattform, auf der auch die französischen Geschwister Peugeot 308, Citroen C4 und DS4 fahren. Das ist durchaus positiv zu sehen, werden dadurch enorm Kosten gespart. Wichtiger Aspekt für das Ego der Opelaner jedoch: „Der Astra ist ein echter Rüsselsheimer“, sagt Ingenieur Thomas Stüber. „Er besitzt die Opel-DNA bis in die letzte Schraube“ – von französischen Einflüssen keine Spur.

Todschick ist der Astra, trägt das Familiengesicht mit dem schicken Vizor an der Front. Diese dunkel getönte Plexiglasspange zieht sich über die gesamte Breite des Fahrzeugs und erinnert an das Visier eines Motorradhelmes. Inspirationen liefert auch die erste Generation des Manta. Die Bügelfalte auf der Motorhaube von Mannis Manta hat auch beim Astra ihren Platz gefunden – und (Satire) es fehlt nur noch der Fuchsschwanz. Opel-Sprecher nehmen beim philosophischen Diskurs zum sogenannten Kompass-Design gerne „pure und clean“ in den Mund. Ja, es ist ein sauberes und klares Design, ohne Schnickschnack. Lifestylig und modern sicherlich, aber nicht modisch. Ein langlebiges, zeitloses Design.

Im Innenraum dominiert das Pure-Panel-Cockpit

Hochmodern ist der Innenraum. Es dominiert das 10-Zoll-Pure-Panel-Cockpit. Da ist nichts mehr, wie´s mal war – alles ist voll digital. Das sieht nicht nur nach Premium aus. Das ist es auch. Und es ist wie Cinemascope-Breitwand-Kino: Zwei riesige, intuitiv bedienbare flache Displays liegen vor den Augen des Fahrers, bieten alle notwendigen Informationen, nerven nicht mit Überflüssigem. Das Auge muss aber nicht allein an den Displays hängenbleiben. Schnelle Infos direkt im Blick des Fahrers serviert das Head-up-Display mit Hinweisen zu Tempo, Navi, Verkehrszeichen etc. Und – gottseidank – Opel hat sinnvollerweise auch analoge Elemente herübergerettet ins digitale Zeitalter, wie etwa die Tasten für die Klimaanlage, Sitzheizung oder den Dreh-Drückschalter für das Radio. Die Haptik ist gut, alles sieht wertig aus. Oberflächen sind angenehm unterschäumt. Hervorragend, wie meist bei Opel, ist das Gestühl. Die von AGR (Aktionsgemeinschaft Gesunder Rücken) zertifizierten Sitze mit Massagefunktion sind ein Segen für Menschen mit Kreuzschmerzen.

Das Platzangebot im marginal gewachsenen Astra (4,37 Meter lang) ist okay. Hinten wie vorne reisen die Insassen sehr bequem. Der Kofferraum schluckt zwischen 422 und 1339 Liter, beim Plug-in-Hybrid sind es wegen der Batterien etwas weniger: zwischen 352 und 1268 Liter passen rein. Fürs kommode Cruisen trägt aber wesentlich das neue Fahrwerk bei. Opels Fein-Tunig ist perfekt gelungen. Straff, aber nicht hart. Komfortabel aber nicht weich. Mit einem Schmunzeln quittieren wir die Aussage „Autobahn geprüft“. Was sonst in Deutschland? Opel will mit diesem „Label“ besonders die Spurstabilität auch bei hohen Geschwindigkeiten hervorheben. Logo: Die Lenkung ist präzise, die Gierrate um die Hochachse nur im Grenzbereich spürbar, die Bremsen sind standhaft – ein agiles, aber gleichzeitig sehr sicheres und gutmütiges Fahrzeug.

Ein Highlight ist das intelligente LED-Fernlicht

Selbstredend ist der Astra mit allen erdenklichen Assistenzsystemen ausgestattet. Ein Highlight: Das adaptive intelligente LED-Fernlicht aus dem Opel Flaggschiff Insignia, das entgegenkommende Fahrzeuge aus dem Lichtstrahl ausschneidet und so nicht blenden kann. Mit seinen 168 LED-Elementen ist es führend in der Kompakt- und Mittelklasse. Natürlich serienmäßig an Bord:  Frontkollisionswarner mit automatischer Gefahrenbremsung, Querverkehrswarner und Rückfahrassistent, Fußgängererkennung, Spurhalte-Assistent, Verkehrsschilder- und Müdigkeitserkennung . Und einiges mehr.

Bei den Motoren hat der Käufer die Wahl zwischen konventionellen Verbrennern und einem Plug-in-Hybrid. Ein erstaunlich kultivierter 1,2-Liter-Dreizylinder Benziner leistet wahlweise 110 oder 130 PS, ein 1,5-Liter-Diesel aktiviert 130 PS. Wer auf Zukunft setzt, steigt in den Teilzeit-Stromer ein, der eine Systemleistung von 180 PS (150-PS-Benziner und 110-PS-E-Motor) generiert und mit kräftigem 360 Nm Drehmoment anschiebt. Damit sollen bis 60 Kilometer rein elektrisch (12,4-kWh-Batterie) und damit emissionsfrei zu schaffen sein. Die Ladezeit beträgt im besten Fall knapp zwei Stunden.

Das sprint- und durchzugsstarke Hybrid-Triebwerk schafft eine Spitze von 225 km/h, rein elektrisch sind es systembedingt 135 km/h. Den Sprint auf 100 macht der Hybrid-Astra mit Acht-Stufen-Automatik in 7,6 Sekunden. Den Verbrauch nach WLTP gibt Opel für den Plug-in mit 1,1-1,0 Liter/100 km an. Die CO2-Emissionen liegen bei 26-22 g/km (jeweils kombiniert). Bei ersten Testfahrten rund um Lissabon hat uns dieses Triebwerk voll überzeugt. Verbrenner und E-Maschine harmonieren prächtig miteinander. Und wer pfiffig rekuperiert, wird spielend an die versprochene Reichweite herankommen.

Ein starkes Hybrid-Modell mit 225 PS kommt noch

Im Laufe des Jahres erhält das  Hybridmodell eine Kraftspritze und erreicht dann eine Systemleistung von 225 PS. Im Sommer 2023 folgt dann das i-Tüpfelchen: ein vollelektrischer Astra sowohl als Kompakter als auch als Kombi.

Den Kunden wird es freuen: Der Astra ist trotz seiner deutlichen Aufwertung nicht teurer geworden. Das Benziner-Basismodell startet bei 22 465 Euro. Beim Diesel sind es 28 660 Euro. Der Plug-in-Hybrid kostet laut Preisliste 35 800 Euro. Davon allerdings ist der Umweltbonus in Höhe von 7177 Euro abzuziehen, was dann eine Endsumme von 28 623 Euro ergibt.

Fazit: Opel ist mit seinem neuen Astra innerhalb des Stellantis-Konzerns sehr gut für die Zukunft gerüstet – ganz gleich ob elektrisch oder konventionell motorisiert. Das coole Design und die innovative, ausgereifte Technik wird auch  Skeptiker überzeugen. Und mit Spannung ist in diesem Umfeld abzuwarten, wie der ewige Zweikampf Astra gegen Golf ausgeht. Vom subjektiven Gefühl her scheint momentan alles für den Rüsselsheimer zu sprechen. (autour24/khf)

Impressionen vom neuen Opel Astra in Portugal

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