Von Klaus H. Frank
Volkswagen Nutzfahrzeuge hat seinen von Grund auf neu entwickelten Multivan vorgestellt. Erstmals ist der VW Bus (T7) als reiner Personenwagen konzipiert, basiert auf dem Modularen Querbaukasten (MQB-Evo) und startet sein Debut unabhängig von den klassischen Nutzfahrzeugen Transporter, Caravelle oder California. Für die gröberen Aufgaben im gewerblichen Bereich und für den Campingurlaub ist weiterhin der T6.1 zuständig, der neben dem neuen Multivan weitergebaut wird. Zum Duett Multivan und T6.1 gesellt sich kommendes Jahr noch der ID. Buzz, der als rein elektrischer Lifestyle-Van ebenso wie der für den gewerblichen Einsatz konzipierte ID. Buzz Cargo das elektrische Portfolio von Volkswagen Nutzfahrzeuge weiter ergänzt.
VW nennt ihn auch „People Mover“
Volkswagen bezeichnet den Multivan als Multi Utility Vehicle (MUV), spricht auch gern von einem „People-Mover“, und sieht ihn ausschließlich für den privaten Bereich bestimmt. Und zwar gleichwohl als komfortables Reisefahrzeug, Business-Shuttle und natürlich Familienkutsche. Optisch steht der in Zweifarblackierung todschicke Multivan in der Tradition seiner Vorgänger, ist nun aber ganz klar auf Lifestyle ausgerichtet, entwickelt sich sicherlich zu einem Trendfahrzeug der nutzerorientierten Schickeria. Auch preislich wird ein top-ausgestattetes Modell auf Linie dieser Klientel liegen, denn weit von einem sechsstelligen Preis dürfte der Multivan dann nicht entfernt sein.
Mit 4,97 Metern Länge und 1,94 Metern Breite hat der Multivan in den Dimensionen im Vergleich zum T6.1 etwas zugelegt, ist jedoch in der Höhe um vier Zentimeter auf 1,90 Metern geschrumpft, damit er in gängige Parkhäuser passt. Die Innenraumhöhe blieb nahezu unverändert. Um auch größeren Familien dienlich zu sein, bietet Volkswagen den Multivan auch in einer Langversion an, die sich auf 5,18 Meter streckt und sieben Personen Platz bietet.
Platz also in Hülle und Fülle mit einem maximalen Gepäckraumvolumen von 4053 Litern in der Langversion, normal sind es 3672 Liter. So ist sicherlich sogar ein Umzug problemlos zu bewältigen und auch jegliches Sportgerät (wir denken da eher an Mountainbikes als an den Ruder-Achter) sollte im neuen Multivan Platz finden. Übrigens: Die Anhängelast beträgt bis 2000 Kilogramm. Einem Urlaub mit angehängtem Wohnwagen steht also nichts im Wege, vor allem auch deshalb nicht, weil der Multivan demnächst mit einer nahezu raumfüllenden Matratze ausgestattet werden kann und so zwei bequeme Schlafplätze bietet.
Nur noch mit Einzelsitzen ausgestattet
Genial ist der variable Innenraum, in dem jetzt nur noch Einzelsitze zu finden sind – die Sitzbank hat ausgedient. Die flexibel platzierbaren Einzelsitze sind zwischen 23 und 29 Kilogramm leicht und haben rund 25 Prozent an Gewicht verloren. Sie lassen sich spielend leicht ausbauen und laufen auf einem elektrifizierten Schienensystem mit dem Vorteil, dass die äußeren Fondsitze beheizbar sind. Übrigens: Auch der gesamt Multivan hat abgespeckt: um rund 200 Kilogramm im Vergleich zum T6.1.
Erfrischend wirkt die Luftigkeit im Innenraum. Dies ist einerseits bedingt durch das zweigeteilte 1,8 Quadratmeter große Panorama-Glasdach mit integriertem Sonnenschutz (ohne Jalousie), andererseits durch den Wegfall von mechanischer Handbremse und dem Schaltknauf. Damit ist nun der Durchstieg von vorn nach hinten oder umgekehrt ganz easy möglich. DSG ist jetzt serienmäßig an Bord und wird mit einem kleinen Schalter in der Instrumententafel „by wire“ betätigt. Die Parkbremse wird ebenfalls elektrisch bedient.
„Wir haben da einen Riesensprung gemacht“
Bei ersten Testfahrten empfanden wird den Multivan ungeheuer handlich. Kein Wunder, fährt er doch auf der gleichen Bodengruppe wie etwa der VW Golf 8. Abgesehen von der Länge und mit einigen kleineren Abstrichen – bedingt durch den höheren Schwerpunkt – fährt er sich auch fast so agil. Volkswagen-Sprecher André Bertelsmeier bescheinigt ihm dank des neuen Fahrwerks eine bisher nie gekannte Fahrdynamik („wir haben da einen Riesensprung gemacht“).
Einen Riesensatz nach vorne hat der Bulli auch in Sachen Wertigkeit getan. Der Fahrer blickt auf eine Armaturentafel, die einem Golf in nichts nachsteht, weil sie quasi eine Kopie dessen ist. Trotz allem, der Multivan wirkt noch eleganter, luxuriöser, lifestyliger – vor allem, wenn das Cockpit mit Holzdekor-Einlagen garniert ist. Das alles sieht sehr schick und modern aus, fühlt sich auch richtig gut an. Für Informationen des Kombiinstruments in der Armaturentafel gibt’s einen 10,25 Zoll großen Monitor, das Infotainment baut wie beim Golf auf dem MIB 3.2 auf und wird über ein 10-Zoll-Touchscreen bedient.
Die geniale Mittelkonsole
Ein echtes Highlight ist die variable Mittelkonsole. Über das intelligente Schienensystem lässt sie sich fast über die gesamte Länge des Bulli verschieben, bietet Stauraum und über einen zweigeteilten Tisch die Möglichkeit, zu arbeiten, Brotzeit zu machen oder mit den Kindern Mensch-ärgere-Dich-nicht zu spielen. Auch lässt sie sich ganz nach vorne verschieben als willkommene Ablage zwischen Fahrer und Beifahrer.
Erstmals ist es im Bulli möglich, die optional elektrisch betätigte Heckklappe per Gestensteuerung („Easy Open & Close“) mit einem Fuß-Kick unter den hinteren Stoßfänger zu öffnen. Das Gleiche funktioniert auch bei den elektrisch öffnenden und schließenden Schiebetüren.
Teilautomatisiertes Fahren von 210 km/h möglich
Um dem Fahrer die Arbeit am Lenkrad so einfach wie möglich zu machen, wurde die Zahl der Assistenzsysteme deutlich erhöht. 25 an der Zahl sollen es sein – und unter anderem dabei sind serienmäßig das Umfeld-Beobachtungssystem „Front Assist“ inklusive Fußgänger- und Radfahrererkennung, eine Ausweichunterstützung, ein neuer Abbiegeassistent, die Verkehrszeichenerkennung, der Spurhalteassistent „Lane Assist“ und die Geschwindigkeitsregelanlage. Optional sind der neue „Travel Assist“, der das teilautomatisierte Fahren bis 210 km/h ermöglicht. Einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit liefert das Warnsystem „Car2X“, das bei Bedarf via „ACC“ direkt eingreift, um den Multivan zum Beispiel vor einem Stauende abzubremsen – und zwar deutlich bevor das Hindernis im Blickfeld des Fahrers auftaucht. Neu im Multivan sind die interaktiven „IQ.LIGHT – LED-Matrixscheinwerfer“ mit LED-Tagfahrlicht, die als Alternative zu den
serienmäßigen LED-Scheinwerfern optional angeboten werden. Ebenfalls neu ist ein Head-up-Display, das Informationen in die Frontscheibe projiziert.
Der neue Multivan startet zur Markteinführung in wenigen Tagen als eHybrid: Die E-Maschine und der effiziente Turbobenziner entwickeln zusammen eine Systemleistung von 160 kW/218 PS (350 Nm Drehmoment), produziert aus einem 1,4-Liter-TSI (150 PS) und einem Elektromotor (85 kW/116 PS). Die Lithium-Ionen-Batterie des Multivan eHybrid leistet 10,4 kWh und kann an einer 3,6 kW-Ladesäule oder Wallbox in rund dreieinhalb Stunden, an einer Steckdose mit 2,3 kW in fünf Stunden geladen werden. So schafft der Multivan eine elektrische Reichweite von 46 bis 50 Kilometern (WLTP). Die Gesamtreichweite des Multivan eHybrid liegt je nach Ausstattung bei bis zu 700 Kilometern (WLTP), die Beschleunigung auf 100 dauert 11,6 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit beträgt 190 km/h.
Allradantrieb ist in Planung
Ab einer Geschwindigkeit von mehr als 140 km/h schaltet sich der Verbrenner des 1.4 TSI zu. Der über ein 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe (DSG) automatisch geschaltete Multivan eHybrid kommt auf einen theoretischen NEFZ-Kraftstoff- und Stromverbrauch von 1,6 bis 1,5 l/100 km und 14,6 bis 14,5 kWh/100 km. Der CO2-Wert liegt bei 0,39 g/km. Parallel zum Plug-in-Hybridantrieb gibt es den frontgetriebenen Multivan (Allradantrieb ist in Planung) zur Markteinführung mit zwei Vierzylinder-Turbobenzinern. Sie leisten 136 PS (220 Nm) und 204 PS (320 Nm). Der Verbrauch nach Norm soll beim kleineren Triebwerk bei 6,6 Liter liegen, beim größeren bei 7,6 Liter. Nächstes Jahr folgt ein Turbodiesel mit 150 PS.
Die Preise starten bei 44 839,20 Euro für das Basismodell „Multivan“. Weitere Ausstattungsvarianten sind der „Life“ ab 48.784,05 Euro und der „Style“ ab 60.939,90 Euro für das Zweiliter-Modell sowie das eHybrid-Sondermodell „Energetic“, das ab 67 800,25 Euro kostet. Die Versionen mit 5,17 Meter Länge kostet jeweils 1862 Euro Aufpreis. Der günstigste Multivan eHybrid kostet ab 57 173,55 Euro. (autour24/khf)