Von Klaus H. Frank
Jetzt ist er da, der neue Caddy von Volkswagen Nutzfahrzeuge – und kaum jemand hätte erwartet, dass der Wandel von einem langweiligen Biedermann zu einem schicken Trendsetter so gelungen über die Bühne geht. Aus dem einstigen Pampersbomber ist in der fünften Generation ein lifestyliger Allrounder geworden, der mit seinen vielfältigen Fähigkeiten als „Schweizer Messer“ unter den Vans bezeichnet werden darf. Er kann wirklich fast alles und ist für alle da – für Sportler, Familien mit und ohne Kinder, für Handwerker und für Camper. Ja, sogar Camper, denn der Caddy kann auch als kleines kompaktes Reisemobil genutzt werden.
Möglich macht diesen erfreulichen Wandel die vielzitierte VW-Plattform MQB (Modularer Querbaukasten), auf der mittlerweile etliche Volkswagen-Pkw aufbauen. Der Vorteil: Es können verschiedene Radstände und Längen genutzt werden. Auch der neue Golf, dessen Gene jetzt ganz tief im neuen Caddy verwurzelt sind, greift auf diesen intelligenten Baukasten zurück, was viele Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Fahrzeugen offenbart.
Der Radstand des Caddy ist um sieben Zentimeter auf 2,75 Meter gewachsen, was ordentlich Platz schafft im Innenraum. So können nun sogar sieben Personen Platz finden, ohne von klaustrophobischen Ängsten geplagt zu werden. Dieser ungeheuer luftige Innenraum ist vor allem der enormen Höhe von 1,80 Metern geschuldet – ein Golf misst gerade mal 1,46 Meter. Die Länge beträgt nun 4,50 Meter – das sind 30 Zentimeter mehr als beim Golf. In der Langversion streckt sich der Caddy auf 4,85 Meter.
Auch optisch hat sich der Caddy mit dem typischen, neuen VW-Markengesicht vom Golf einiges abgekuckt. Neue schlanke Scheinwerfer (auf Wunsch Voll-LED) und ein sehr schmaler Grill prägen das Gesicht, die Frontschürze mit Wabengitter ähnelt stark dem neuen VW-Elektroauto ID.3. Am besten jedoch sieht der Caddy von hinten aus: Klare Kanten mit ungeheuer hohen Rücklichtern und eine riesige Heckscheibe, auf der das VW Logo geradezu frei zu schweben scheint. Sehr praktisch sind die seitlichen bis zu 85 Zentimeter breiten Schiebetüren (eine ist Serie, die zweite optional), vor allem für Familien mit Kindern. Beim Aussteigen in engen Parklücken beschädigen die Kids so wohl kaum die Türen der Park-Nachbarn und das Hineinbugsieren der Kleinen in die Kindersitze gestaltet sich dank der breiten Türen relativ einfach. Ein Highlight ist das optionale 1,4 Quadratmeter große Panorama-Glasdach, das auch an trüben Tagen viel Licht in den Caddy bringt.
Es war so und bleibt so: Der Caddy wird vor allem wegen seines gigantischen Platzangebots, sprich Kofferraums (bis 3,7 Kubikmeter), gekauft. 1213 bis 2556 Liter passen rein – damit lässt sich sogar ein kleiner Umzug bewerkstelligen. Und – dazu kommen wir später – er kann sogar als kompaktes Reisemobil genutzt werden. Geradezu genial ist die Kopffreiheit, dank der enormen Höhe. Und erstaunlich viel Platz findet sich sogar in der dritten Reihe. Handwerker sind begeistert, weil hinter den Vordersitzen zwei Europaletten reinpassen und Mountainbiker jubeln, weil sie im Kofferraum sogar ihr Bike aufrecht stehend transportieren können.
Modernität nicht nur außen, auch im Innenraum ist sie eingekehrt. Schaut der kritische Betrachter großzügig über diverse Hartplastik-Oberflächen hinweg, so könnte er sich in einem neuen Golf wähnen – vor allem bei einem Blick auf das Cockpit, das sich in der höchsten Ausstattungsstufe „Style“ digital und vernetzt präsentiert. In der Basisversion sind zwar Analog-Instrumente und ein kleines 6,5-Zoll-Display eingebaut, in der Top-Version ist der Caddy jedoch mit diesem genialen digitalen Cockpit ausgestattet, das von einem 10,25 Zoll großen zentralen Display ergänzt wird. Der Monitor wird, wie beim Smartphone mit Gestensteuerung, also mit tippen und wischen bedient. Das gilt unter anderem für die Klimaanlage, das Audio-System oder das Navigationssystem. Ganz generell sind im Caddy kaum noch Tasten und Knöpfe zu finden. Sogar die Scheinwerfer, Nebelleuchten etc. werden über ein Touchpad links vom Lenkrad ein- und ausgeschaltet. Je nach Ausstattung reagiert der Caddy auch auf Sprachbefehle.
Keine Frage, auch in Sachen Assistenzsystemen hat VW Nutzfahrzeuge den Caddy aufgerüstet, so dass er auch hier ganz nah am Golf rangiert. Bis zu 19 teils optionale Assistenten sollen den Fahrer unterstützen und schaffen sogar teilautonomes Fahren des Levels 2. Sehr praktisch ist der Rear Cross Traffic Alert, der den Fahrer beim rückwärts Ausparken akustisch vor kreuzenden Fahrzeugen warnt und notfalls auch bremst. Hilfreich auch der Trailer Assist, der das Rangieren mit einem Gespann zum Kinderspiel macht. Oder der Travel Assist mit Emergency Assist, der die Spur und die vorgegebene Geschwindigkeit hält, ebenso den gewünschten Abstand zu vorausfahrenden Verkehrsteilnehmern.
Angetrieben wird der Caddy quasi von den gleichen Motoren wie der Golf. Zum Auftakt stehen 2,0-Liter-Turbo-Diesel mit 75, 102 oder 122 PS zur Wahl, die dank Twindosing strenge Umweltauflagen erfüllen. Hier werden die Abgase von zwei SCR-Katalysatoren mit Ad-Blue gereinigt, so dass der Stickstoff-Ausstoß weit unter den vorgeschriebenen Grenzwerten liegt. Bei den Benzinern ist ein 1,5-TSI-Triebwerk mit 114 PS im Programm, später sollen ein Plug-in-Hybrid- und Erdgas-Antrieb nachgeschoben werden. Auch Allradantrieb ist geplant.
Für die Nutzfahrzeugvariante Caddy Cargo gibt‘s optional komplett aus Blech bestehende Hecktüren ohne Fenster. Serienmäßig sind elektrische Fensterheber vorn, elektrische Außenspiegel und eine elektronische Parkbremse an Bord. Es gibt neue Bodenbeläge, eine 230-Volt-Steckdose und neue solidere Verzurrösen. Der Beifahrersitz ist klappbar und mit einer neuen, strapazierfähigen Rückseitenverkleidung ausgestattet, damit man ihn auch als Schreibtisch nutzen kann.
Und wie fährt er? Grandios darf behauptet werden, obwohl er weiterhin hinten mit einer Starrachse unterwegs ist. Die Vorderachse ist die gleiche wie im Golf. Die Golf-Mehrlenker-Hinterachse bleibt ihm leider verwehrt, denn in der Cargo-Variante muss er schwere Lasten schleppen, was die moderne Achse überfordern würde. Zumindest aber sind die alten Blattfedern moderneren Schraubenfedern gewichen und lassen den Caddy nun durchaus kommod über den Asphalt rollen.
In der fünfsitzigen PKW-Version startet der Caddy bei 26 576 Euro; als Kastenwagen in der Version EcoProfi (102 PS) ist er ab 25 044 Euro zu haben.
Dem Camping-Boom folgend bringt VW Nutzfahrzeuge seinen Caddy nun auch als Camper. Die durchdachte Camper-Ausstattung im Heck des Caddy California bietet den Reisenden ein ausklappbares Bett mit Tellerfedern und hochwertiger Matratze. Mit 1.980 x 1.070 mm ist das Bett für diese Klasse üppig. Optional kann der Caddy California mit einem 1,4 Quadratmeter großen Panoramadach, inklusive einer Verdunklungsmöglichkeit für die Nacht, bestellt werden. Somit profitieren die Reisenden tagsüber von einem lichtdurchfluteten Wohnraum und haben nachts die Möglichkeit die Sterne zu beobachten.
Erstmalig gibt es den Caddy auch mit einer Miniküche, die nach hinten aus dem Heck gezogen wird. Diese bietet neben einem Gaskocher und einer einfach zu reinigenden Arbeitsfläche auch einen großen ausziehbaren Staukasten mit integrierter Besteckschublade.
Weitere clevere Detaillösungen sind die herausnehmbaren Stautaschen in den hinteren Seitenfenstern, die gleichzeitig auch das Fenster verdunkeln. Die Lüftungsgitter für die Fahrerhaustüren, mit denen man auch bei Regen frische Luft in den geschlossenen Camper bekommt. Ein Beleuchtungssystem mit dimmbaren LEDs bringt abends Licht ins Dunkle und sorgt so auch für ein gemütliches Leselicht. Der Caddy California ist mit allen Assistenzsystemen des Caddy erhältlich, basiert auf der Ausstattungslinie des Caddy Life und ist mit dem 102-PS-TDI-Motor zum attraktiven Preis ab 29 886,85 Euro erhältlich. (autour24)
Technische Daten Volkswagen Caddy Life: L x B x H (m): 4,50 x 1,85 x 1,81, Radstand (m): 2,75. Motor: R4-Diesel, 1968 ccm, Turbo Direkteinspritzung,
Leistung: 122 PS bei 2750 – 4400 U/min. Max. Drehmoment: 320 Nm bei 1600 – 2500 U/min. Höchstgeschwindigkeit: 187 km/h, Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 11,2 Sek. WLTP-Durchschnittsverbrauch: 4,7 Liter. Effizienzklasse: A, CO2-Emissionen: 124 g/km (Euro 6d-ISC-FCM). Leergewicht / Zuladung: min. 1702 kg / max. 520 kg. Kofferraumvolumen: 1213-2556 Liter. Max. Anhängelast: 1500 kg. Wendekreis: 11,4 m. Basispreis: 30 514 Euro.