Wer quattro sagt, meint Audi, und wer Audi sagt, meint sehr oft quattro: Das Prinzip der vier angetriebenen Räder ist eine tragende Säule der Marke – seit mittlerweile mehr als 40 Jahren. Die Erfolgs-Story reicht vom manuell sperrbaren Mittendifferenzial, Jahrgang 1980, bis zu den drei Elektromotoren, die die neuen S-Modelle der Audi e-tron-Reihe antreiben. Seit dem Debüt des Ur-quattro auf dem Genfer Automobilsalon 1980 hat Audi fast elf Millionen Autos mit quattro-Antrieb produziert und dabei die Allrad-Technologie immer weiter vorangetrieben. Obwohl die quattro-Technik nahezu wartungsfrei ist, wagen sich Hobby-Schrauber ab und an doch mal daran, regelmäßige Service-Intervalle selbst durchzuführen. Doch Vorsicht! Um teure Folgeschäden zu vermeiden, sollte auf Audi Original Ersatzteile geachtet und hierfür ein Audi Shop kontaktiert werden.
Ein weltberühmter Werbespot
Den Wandel der quattro-Technik der letzten 40 Jahre demonstrierten die Ingolstädter im Rahmen einer Veranstaltung für Fach-Journalisten in Theorie und Praxis. Unser Auto-Experte Rudi Huber nutzt dabei die Gelegenheit auf dem Testgelände der Marke verschiedene Modelle von gestern und heute mit quattro-Antrieb zu fahren. Rudi berichtet anschaulich:
Die Gelassenheit eines Ur-quattro
„Er hat gerade mal 80.000 Kilometer auf dem Tacho und steht da wie frisch aus der Fabrik. Dabei zählt der grüne Ur-quattro längst zu den Preziosen der Oldtimer-Sammlung von Audi. Aber auch heute begeistert er noch: Mit seinen 200 PS schiebt der Oldie leicht grollend und temperamentvoll an und umrundet die Kurven dank quattro-Antrieb mit stoischer Gelassenheit. Nun, bei unseren flotten Runden auf dem Handlingkurs wollen wir nicht übertreiben, denn das wertvolle Stück muss pfleglich behandelt werden“, erzählt Rudi.
Fahrzeugwechsel. Umstieg in die Jetztzeit und damit in den neuen S3. Dessen Zweiliter-TFSI-Motor liefert 310 PS, das Drehmoment von 400 Newtonmetern (Nm) steht zwischen 2.000 und 5.450 U/min parat.
Der Grenzbereich liegt sehr weit oben

Zur Praxis: Dynamic-Modus rein, ESC komplett aus – und erneut geht’s auf die Handlingstrecke. „Diesmal dürfen wir herzhaft Gas geben“, sagt Rudi, und der Kompakt-Audi zeigt ungefiltert, wozu der 4×4-Antrieb fähig ist. Garant dafür ist die hydraulische Lamellenkupplung, die zur perfekten Gewichtsverteilung an die Hinterachse angeflanscht ist. „Sie ist so dynamisch ausgelegt, dass schon beim Einlenken ein Teil der Antriebs-Kraft von der vorderen auf die hintere Achse geschickt wird. Das bedeutet: Der Grenzbereich verschiebt sich weit nach oben, der S3 krallt sich mit allen Vieren in den Asphalt und hängt mit zunehmendem Tempo gut kontrollierbar das Heck raus.“
Nach Schleuderversuchen mit dem elektrischen e-tron S und dem RS 5 Coupe, die das quattro-Prinzip mit sehr viel Effizienz, aber auf ganz und gar unterschiedliche Weise interpretieren, richtet Audi den Fokus auf die Theorie. Dass die keineswegs langweilig sein muss, zeigt die Erklärung des selbstsperrenden Torsen-Mittendifferenzials: Rund fünf Kilo wog das erste Exemplar 1986 im Ur-quattro. Die Grundverteilung lag bei jeweils 50 Prozent an der Vorder- und Hinterachse. Heute wiegt es in den Modellen mit längs eingebautem Motor nur noch knapp drei Kilo und liefert im Normalfall 40 Prozent der Kraft an der Vorderachse und 60 Prozent nach hinten. Wenn’s sein muss, aber 100 Prozent nach vorn oder hinten.
VW-Iltis ebnete den quattro-Weg

Interessantes zu Audis Allradantrieb enthüllt der renommierte Motor-Journalist Dirk-Michael Conradt in seinem neuen Buch „Audi quattro“ (siehe unten). Ein Beispiel: Wie kamen die Audi-Ingenieure überhaupt auf den Gedanken, einen Allradantrieb zu entwickeln? Die Idee wurde im Winter 1976/77 bei Audi-Testfahrten mit dem für die Bundeswehr entwickelten VW Iltis Geländewagen geboren. Das hervorragende Fahrverhalten dieses Modells auf Eis und Schnee führte zu der Überlegung, den Allradantrieb auch in Pkws und in leistungsstarken Sportwagen einzusetzen. Diese Idee war denn auch die Initialzündung für die Etablierung des quattro-Antriebs und dessen sportlichem Debüt: Noch im Herbst 1980 startete der erste Audi quattro im Motorsport und revolutionierte die internationale Rallye-Szene. Zwei Fahrer- und zwei Marken-Weltmeistertitel sind Teil der Legende, die sich um den quattro-Antrieb und seinem wohl berühmtesten Fahrer rankt: Rallye-Weltmeister Walter Röhrl.
Insgesamt sind in der Audi-Modellpalette vier unterschiedliche Allradkupplungen und vier verschiedene Mittendifferenziale im Einsatz. Speziell für die Modelle mit längs eingebautem Frontmotor und Achtstufen-tiptronic wurde das selbstsperrende Mittendifferenzial konzipiert. Bei einigen Motorisierungen arbeitet es mit dem Sportdifferenzial an der Hinterachse zusammen, das die Antriebsmomente je nach Fahrsituation zwischen den Rädern verteilt.
Der quattro-Fortschritt bei Elektroautos
Auf Kupplungen und Differenziale vollkommen verzichten können der vollelektrische Audi e-tron und der e-tron Sportback. Die SUV-Modelle nutzen einen elektrischen Allradantrieb, bei dem Elektromotoren alle quattro-Funktionen umsetzen. Der Antrieb regelt permanent und voll variabel die ideale Verteilung der Antriebsmomente zwischen beiden Achsen. Und das blitzschnell, in nur etwa 30 Millisekunden – das ist deutlich schneller als bei der konventionellen quattro-Technologie und dreimal so schnell wie ein menschlicher Wimpernschlag. Der Grund: Hier wird keine mechanische Kupplung betätigt, sondern Strom verteilt – und zwar blitzschnell. Jeder der zwei hinteren E-Motoren treibt ein Rad einzeln an. Im Normalfall erhält das kurvenäußere Rad, wegen seiner besseren Traktion, erheblich mehr Moment als das entlastete kurveninnere Rad. Das steigert Fahrdynamik und Kurvengeschwindigkeit erheblich.

„Im Zusammenspiel mit der radselektiven Momentensteuerung bietet der elektrische Allradantrieb hohe Traktion bei den verschiedensten Witterungsbedingungen und auf jeglichem Untergrund“, sagen Audi-Ingenieure. Das zeigt sich auf einer bewässerten Fläche des Handlingkurses sehr deutlich: Um den e-tron – trotz des abgeschalteten Stabilitätsprogramms – aus der Ruhe zu bringen, braucht es ein geradezu brutales Reißen am Lenkrad und vehementem Einsatz von Brems- und Gaspedal. Beeindruckend.


Die Beliebtheit des quattro-Antriebs zeigen einige Zahlen. Im Jahr 2019 entschieden sich 45,3 Prozent aller Audi-Kunden weltweit für einen quattro-Antrieb. Mehr als 80 Prozent der rund 20 Modelle, die Audi im Jahr 2020 präsentiert hat und noch präsentieren wird, kommen mit mindestens einer quattro-Variante auf den Markt. Allein 2019 hat Audi weltweit 804 224 quattro-Modelle produziert, davon 258.765 in Deutschland. (autour24/khf/mid)