Von Klaus H. Frank
Es zeichnet sich ja schon seit längerer Zeit ab: Winter werden milder und der Schnee wird weniger – sowohl auf den Skipisten als auch auf den Straßen. Was Skifahrer ärgert, könnte Autofahrer entspannter auf die kommenden kalten Monate blicken lassen. Ein Trugschluss. Denn weniger Schnee auf der Fahrbahn bedeutet nicht automatisch mehr Sicherheit. Reif- und Eisglätte sind es, die Autofahrer in der Regel ins Chaos stürzen, treten sie doch oft urplötzlich auf und sind nicht so gut einzuschätzen wie etwa eine schneebedeckte Fahrbahn. „Eine Langzeitstudie des Landesbetriebs Mobilität Rheinland-Pfalz (LBM) zeigt, dass im Durchschnitt innerhalb der Winterperiode Oktober bis April allein 57 Einätze des Straßendienstes bei Reif und Eisglätte erforderlich sind“, so erklärt Mike Fensterseifer, Leiter der Fachgruppe Straßenbetrieb des LBM bei einem Seminar des Verbandes der Kali- und Salzindustrie e. V. (VKS). Dagegen seien durchschnittlich nur 25 Einsätze bei Schneeglätte notwendig. Diese Zahlen sprächen eine deutliche Sprache, meint Fensterseifer und stellt fest, dass Reif- und Eisglätte häufiger die Mobilität und Verkehrssicherheit gefährden, als starke Schneefälle. Und daran dürfte auch die Klimaerwärmung nichts ändern.
Um Reif- und Eisglätte in den Griff zu bekommen, hat sich beim Winterdienst die Flüssigkeitsstreuung (im Fachjargon FS 100 genannt) bewährt. Dabei wird eine reine 20prozentige Salzsole auf die Straße gesprüht, um einerseits Reif und Eis erst gar nicht entstehen zu lassen oder andererseits bestehende Eisglätte aufzutauen. Die Dosierung kann dabei zwischen zehn Gramm pro Quadratmeter und 40 Gramm pro Quadratmeter variiert werden. Erstaunlich: Zehn Gramm Salzsohle besteht nur zu zwei Gramm aus Salz, acht Gramm sind Wasser. Der Vorteil der Flüssigkeitsstreuung besteht darin, dass die Sole sehr gleichmäßig auf der Fahrbahn verteilt werden kann und „die verkehrsbedingten Verluste bei trockener und leicht feuchter Fahrbahn nur 30 Prozent betragen und damit relativ gering sind“, erklärt Fensterseifer. Er ist überzeugt, dass dies das zurzeit umweltschonendste Verfahren sei, um Reif- und Eisglätte zu beseitigen. Pro Kilometer Landstraße werden so nur elf Kilogramm reines Salz eingesetzt – das ist wenig und entspricht einem handelsüblichen 10-Liter-Eimer. Bei tiefen Temperaturen von minus sechs bis minus acht Grad und bei überfrierender Nässe sei das Verfahren jedoch nicht empfehlenswert und stößt an seine Grenzen.
Herrscht dichter Schneefall mit Schneeglätte, muss der Straßendienst mit dem üblichen Verfahren für befahrbare Straßen sorgen: Dann also wird mit dem Schneepflug die „weiße Pracht“ zum Straßenrand hin weggeräumt und 70 Prozent Feuchtsalz und 30 Prozent Sole (FS 30) mit dem rotierenden Streuteller am Heck des Winterdienst-Fahrzeugs verteilt. So bleibt der Schnee auf der Fahrbahn räumfähig und Eisbildung wird verhindert. Der Nachteil: Bei präventivem Einsatz auf trockener oder leicht feuchter Fahrbahn gibt es hohe sogenannte Wehverluste durch den Verkehr. Studien zeigen, dass bei trockener Fahrbahn bereits nach 150 „Überfahrungen“ durch Kraftfahrzeuge nur noch 30 Prozent des Streuguts auf der Straße zurück bleiben. Nach 2000 Überfahrungen liegt der Restsalzgehalt auf der Straße bei nur noch 20 Prozent, nach 6000 Überfahrungen bei 10 Prozent.
Die Straßenmeistereien müssen deshalb jeweils nach Straßenverhältnissen entscheiden, welches das optimale Verfahren zur Verhinderung von Straßenglätte ist. Dazu sind unter anderem auch Winterdienstfahrzeuge notwendig, die mit Wechselsystemen ausgestattet sind, um die Streuautomaten nach Situation schnell auszutauschen. Und für eine realistische Vorausschau benötigen die Straßenmeistereien verlässliche Informationen zum Wetter und Fahrbahnzustand. Wie Mike Fensterseifer sagt, stellt der Deutsche Wetterdienst (DWD) diese Informationen in guter Qualität zur Verfügung. In Verbindung mit der Auswertung von Glättemeldeanlagen können sich die Straßenmeistereien so ein Bild machen, wie die Verkehrssicherheit am besten zu gewährleisten ist. (autour24)