Von Klaus H. Frank
Auf den Namen muss man erst mal kommen: Kodiaq. Aber sie werden sich schon was gedacht haben, die Marketing-Strategen von Skoda, als sie ihrem großen SUV den Namen eines gefährlichen Raubtiers verpassten: nämlich den des Kodiak-Bären, der auf der gleichnamigen Insel vor der Südküste Alaskas lebt und dort munter Lachse fängt. Sie hätten ihn ja auch Bruno nennen können, jenen Bären, der im Frühjahr 2006 durch die Alpen streifte, einige Schafe und Hühner riss und von Edmund Stoiber zum „Problembären‘“ gemacht wurde. Nun, ein Problembär ist Skodas Kodiaq mit Gewissheit nicht, im Gegenteil, sein Erfolg ist geradezu phänomenal. Schon mehr als eine Viertel Million Mal lief der Kodiaq im tschechischen Kvasiny vom Band – und dies in gerade mal zwei Jahren.
Wie sein gefährlicher Namensvetter, der stehend fast drei Meter misst, ist auch der automobile Kodiaq riesig. Der 4,70 Meter lange und 1,88 Meter breite Kodiaq ist das, was im bayerischen Dialekt ein ordentliches Trumm genannt wird. Da muss der SUV-Neuling schon ein bisschen mit Gefühl rangehen, wenn’s durch enge Passagen geht, damit er nicht aneckt mit dem fetten Teil.
Die Optik des Kodiaq ist gefällig. Klare Linien bestimmen das Design, unnötige modische Schnörkel sind ihm fremd. Etwas irritierend wirkt seine Hochbeinigkeit, die vor allem der zu schmalen Spurweite der Hinterräder zuzuschreiben ist. Auch sollte sich der Kodiaq-Käufer für 19-Zöller entscheiden, denn die serienmäßigen 17-Zöller sehen mickrig aus und verlieren sich regelrecht in den großen Radkästen.
Die schiere äußere Größe des Kodiaq sorgt natürlich auch im Innenraum für ein geradezu fürstliches Raumangebot. Es ist ja schon seit dem Skoda Superb bekannt, das die tschechische VW-Tochter Skoda ihren Passagieren auf der Rückbank so viel Platz zugesteht, wie er sonst eigentlich nur in der absoluten Oberklasse zu finden ist. Und so ist das auch im Kodiaq. Die Fahrgäste können sich hinten richtig breit und natürlich auch lang machen.
Und weil achtern im Kodiaq so viel Platz ist, haben ihm seine Macher auch eine ausklappbare dritte Sitzreihe (750 Euro) zugestanden. Die ist – wie eigentlich immer in SUVs – nur für Kurzstrecken geeignet, sollten Erwachsene meinen, dort sitzen zu müssen. Für Kinder sind die beiden rückwärtigen Sitze jedoch ausreichend. Ein echter Kracher ist das Kofferraumvolumen. Zwar schluckt der Kodiaq als Siebensitzer nur 270 Liter – aber das reicht, wenn die Jungs von der Schüler-Fußball-Mannschaft zum Training gefahren werden und sechs Sporttaschen dort hinten rein gequetscht werden müssen. Wird der Kodiaq als Fünfsitzer genutzt, dann passen 720 bis 835 Liter in den Gepäckraum, je nachdem in welcher Position die um 18 Zentimeter verschiebbare Rückbank eingerastet ist. Wahrhaft gigantisch ist das Ladevolumen, wenn die Rücksitze flach gelegt werden. In den 1,90 Meter langen Laderaum passen – dachhoch beladen –sagenhafte 2065 Liter. Ordert der Kodiaq-Fahrer gegen Aufpreis (90 Euro) die umklappbare Beifahrersitzlehne, dann kapituliert der große Skoda auch nicht vor den extralangen Regalen aus dem blaugelben Möbelmarkt. 2,80 Meter lang dürfen die Teile sein und maximal 600 Kilogramm wiegen. Die Anhängelast beträgt 2,5 Tonnen – damit zieht der Kodiaq locker einen Pferdeanhänger. Und der wiederum lässt sich mühelos dirigieren, wenn der Pferdefreund den Anhänger-Assistenten (im Paket mit diversen anderen Details 990 Euro) gleich mit bestellt. Praktisch auch die schwenkbare elektrisch entriegelbare Anhängerkupplung (890 Euro).
Ganz toll für verzweifelte Power-Shopper, die nach dem Einkauf keine Hand mehr frei haben, um den Kodiaq aufzuschließen, ist die optionale elektrische Heckklappe (400 Euro). Ein Kick mit dem Fuß unter die hintere Stoßstange und die Hecktür öffnet sich wie von Zauberhand (170 Euro) – immer wieder beeindruckend dieses Sesam-öffne-dich.
Wer sich hinters Steuer setzt, fühlt sich schnell heimisch und freut sich über die gute Verarbeitung mit überwiegend ordentlichen Materialien, zum Teil mit Klavierlack. Diverse Teile aus Hartplastik scheinen jedoch aus Kostengründen auch im Kodiaq unvermeidlich zu sein. Alle Instrumente sind logisch angeordnet und der Fahrer kommt intuitiv mit der Bedienung des Kodiaq zurecht. Selbstredend, dass der Skoda Kodiaq auch in Sachen Konnektivität (Apple CarPlay, Android Auto, MirrorLink™ und SmartGate) voll auf der Höhe der Zeit ist. Internet, Hot Spot etc. – alles kein Problem.
Was die Assistenzsysteme angeht, ist der große Tscheche auch vorn dabei. Unser Favorit: Der Abstandsassistent (820 Euro), der einen vorher definierten Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug hält, selbsttätig beschleunigt und bremst. Serienmäßig besitzt der Kodiaq einen City-Notbremsassistenten (bis 34 km/h) mit Fußgängererkennung sowie Abstands- und Kollisionswarner. In der Liste der Sonderausstattung finden sich sicherheitsrelevante Details wie eine adaptive Geschwindigkeitsregelung – wahlweise bis 160 oder 210 km/h – inklusive Notbremssystem, Stauassistent, Müdigkeitswarner oder Spurhalte- und Spurwechselassistent. Auch Verkehrszeichen- und Querverkehrs-Erkennung können optional bestellt werden und natürlich auch ein sehr übersichtliches Navigationssystem, bei dem uns allerdings die unsympathische Stimme des Sprechers missfiel. Klasse finden wir das beheizbare Lenkrad (120 Euro) und einen automatisch ausfahrbaren Türkantenschutz oder einen Sprachverstärker für den Fahrer, damit auch die Kids in der dritten Reihe gut verstehen können, was Papa da vorne schon wieder zu nörgeln hat.
Ein Skoda Kodiaq ist – wie unser Testwagen – mit einem etwas rau klingenden 190 PS-Diesel gut motorisiert. Der nach Euro 6d-Temp zertifizierte Selbstzünder besitzt das bärige Maximal-Drehmoment von 400 Newtonmetern zwischen 1750 bis 3250 Touren, womit er ganz unten raus zwar keine Rakete ist (1,9 Tonnen wollen bewegt werden), aber dennoch über ein breites Drehzahlband ausreichend Kraft zur Verfügung stellt. Die Beschleunigung auf 100 schafft er in 8,9 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 210 Stundenkilometern. So ist der Kodiaq, ganz gleich ob auf Autobahn oder Landstraße, stets gut unterwegs, und der Spritverbrauch hält sich dabei auch in akzeptablen Grenzen. Im Test schluckt der Kodiaq 7,9 Liter. Den Normverbrauch gibt Skoda mit 5,7 Liter an – da klafft dann doch eine größere Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
An den Fahreigenschaften des in dieser Motorisierung serienmäßig mit Allradantrieb ausgestatteten Kodiaq gibt es nichts zu kritisieren, vor allem dann nicht, wenn die adaptive Dämpferregung (940 Euro) im Hintergrund arbeitet und mit ihren Fahrmodi sowohl die eher sportlichen Fahrer als auch die dem Komfort zugeneigten Zeitgenossen mehr als zufriedenstellen kann. Sein weitgehend neutrales Kurvenverhalten stellt den Fahrer nie vor unlösbare Aufgaben, das serienmäßige Siebengang-DSG trägt durch die unauffälligen Gangwechsel sehr zum entspannten Fahrgefühl bei – ein toller Cruiser.
Wer aufmerksam durch unser Land fährt, dem ist sicherlich nicht unentdeckt geblieben, dass der Kodiaq mittlerweile fester Bestandteil der Geländewagen-Szene ist und sich dort ein dickes Stück aus dem SUV-Kuchen herausgeschnitten hat. Warum dieser Erfolg? Wie wohl bei kaum einem anderen SUV stimmen hier Preis und Leistung ganz hervorragend. Und natürlich schätzen viele Menschen auch die smarten „Simply clever“-Details, die sich im Kodiaq mittlerweile auf die stolze Zahl von 30 summieren. Toll auch die 27 Ablagefächer mit rund 30 Litern Volumen, die den Nachteil haben, dass sich die Suche nach diversem Kleinkram oft etwas kompliziert gestaltet („Wo hab ich bloß die Gummi-Bärchen reingesteckt?“). Klasse sind die herausnehmbaren Taschenlampen im Gepäckraum, genauso wie der Eiskratzer im Tankdeckel, Abfallbehälter in den Türverkleidungen, Regenschirme in den Fronttüren (ab Version Ambiente) und etliches mehr. Auch die Familien- und Kinderfreundlichkeit wird bei Skoda groß geschrieben. Die elektrische Kindersicherung regelt der Fahrer am Cockpit. Die Isofix-Kindersitze lassen sich mit einem zusätzlichen oberen Haltegurt fixieren. Gegen das Quengeln der Kleinen („Wann sind wir endlich da?“) helfen Klapptische an den Rücklehnen der Vordersitze (90 Euro), wo der Nachwuchs nach Herzenslust malen, basteln oder lesen kann. Und für die etwas Größeren gibt’s auf beiden Seiten der dritten Sitzreihe Cupholder und Handy-Ablagen.
Auch Skoda hat nichts zu verschenken, bietet aber faire Preise. Der von uns gefahrene Kodiaq 2,0 TDI SCR 4×4 DSG mit 190 PS kostet in der Topversion Style 41 040 Euro. Wer sich mit dem 150-PS- Diesel und der Ausstattungsstufe Ambition begnügt, kommt mit 37 340 Euro hin. Für die ganz Sparsamen gibt’s dann noch die Basisversion 1,5 TSI mit 150 PS. Die kostet gerade mal 28 200 Euro. (autour24)