Autonomes Fahren – sicheres Fahren?

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Welche neuen Gefährdungssituationen bringt die schöne neue Autowelt mit sich? Dieser Frage sind Experten jetzt bei den AXA-Crashtests am Flugplatz von Dübendorf bei Zürich praktisch nachgegangen. Etwa die Gefahr durch einen Felsbrocken, der auf ein autonom fahrendes Auto stürzt, oder einen „gehackten“ Pkw, dessen Bremse deaktiviert und das beschleunigt wird. Drittes Szenario: Einem selbstfahrenden Auto kommen ein Pkw und ein Quad entgegen, ein Zusammenstoß ist unvermeidlich. Doch welches ist das „richtige“ Ausweichmanöver?

Ein Blick in die Unfallstatistik von heute zeigt laut der Versicherung, dass solche Dilemma-Situationen sehr selten sind. Wie der Mensch in einer solchen Lage reagiere, sei schwer abzuschätzen, „zumal er wahrscheinlich nicht gleich viele Fakten für den Entscheid heranziehen kann wie das Fahrzeug, sondern eher instinktiv handeln muss“. Denn: Sensoren und Rechner sind einfach schneller als das menschliche Auge und Gehirn.

Fest steht jedenfalls: Der Fahrer ist das größere Risiko – nicht das Auto. Diesen Schluss lassen Experten-Schätzungen zu, nach denen in rund 90 Prozent aller Unfälle der Mensch hinterm Steuer der Verursacher ist. Nur ganz wenige Crashs, ein paar Prozent, werden durch technische Defekte verursacht. Laut Adam Riese könnten also durch automatisiertes Fahren jährlich Zehntausende Unfälle vermieden werden. Aber stimmt das tatsächlich? Die AXA Winthertur antwortet mit einem klaren „Jein!“

Das Sicherheits-Potenzial durch die „Autonomisierung“ ist zwar groß und Maschinen sind – das zeigen sie längst in der Produktion – generell zuverlässiger als Menschen. Ein AXA-Sprecher: „Zu bedenken ist aber: Bisher fährt kein Auto so vollautomatisiert, dass das Auto auch für einen Unfall verantwortlich gemacht werden könnte.“ Somit wisse auch niemand, wie viele Unfälle durch vollautomatisierte Fahrzeuge verursacht würden.

Ein weiteres Problem bei der Einführung von selbstfahrenden Autos: Sie müssen sich während einer vermutlich ziemlich langen Übergangszeit den Straßenraum mit von Menschen gelenkten Fahrzeugen teilen. Und dieser Mischverkehr ist eine große Herausforderung für die „Autonomen“. „So lange es Autos gibt, die nicht automatisiert fahren, werden Unfälle verursacht werden“, heißt es bei der AXA. Das bedeute für die Insassen, dass sie genauso gut geschützt werden müssten wie heute.

Für Biomechaniker ist deshalb klar, dass die Insassen in Zukunft im Prinzip wie heute in den Autos sitzen müssen. Gurte und Airbags müssen im Falle eines Unfalls nach wie vor ihre Schutzfunktion entfalten können. Zukunftsvisionen, in denen man liegend im Auto schläft oder die Vordersitze um 180 Grad dreht, um mit den Rücksitzpassagieren zu sprechen, bleiben deshalb laut der Experten „noch länger eine Vision“.

Wie sich die Technik auf die Fahrsicherheit auswirkt, lässt sich schon heute anhand des Effekts etwa von ABS oder ESP erkennen. Laut AXA verursachen Autos mit Notbrems-Assistenzsystemen je nach untersuchtem Fahrzeugmodell zwischen 30 und 69 Prozent weniger Auffahrkollisionen. Auch ESP, das gezielt einzelne Räder abbremst, um ein Schleudern zu verhindern, führt gemäß der Studie zu rund 47 Prozent weniger Selbst- und Schleuderunfällen.

Neu kommt zum Gefahrenszenario das Software-Hacking hinzu. Die zunehmende Vernetzung und Updates „over the air“ ermöglichen zumindest theoretisch böswillige Eingriffe in die Fahrzeugbewegung. Beruhigend stellen die Versicherungs-Experten aber fest: „Bisher hat die AXA keinen Unfall mit Verdacht auf Hacking bearbeitet.“ Unwahrscheinlich, dass es dabei bleibt. (Rudi Huber, mid)

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