Von Klaus H. Frank
Der neue Ford Fiesta ist da – und die Ford-Strategen sind stolz wie Oskar auf ihren Kleinen, der die größte Rolle in ihrem Modellprogramm spielt. Er ist meistverkaufter Kleinwagen Europas – und das im vierten Jahr in Folge. Und es könnte auch so bleiben, wäre da nicht ein Kapitel in der Erfolgsstory, das die Kölner Marketingstrategen nicht glücklich macht: die Preisgestaltung. 12 950 Euro kostet die Basisversion des Fiesta – ein guter Preis eigentlich, bedenkt man, dass der schärfte Konkurrent der Kölner, der Volkswagens Polo, 12 975 Euro kostet. Der jedoch wird ausschließlich fünftürig geliefert, was beim Fiesta 800 Euro Aufpreis kostet.
Fords Kleiner entwickelt sich mehr und mehr zu einem Großen. In der Länge hat er auf 4,04 Meter zugelegt und ist damit rund einen halben Meter länger als der allererste Fiesta (3,57 Meter), der im Jahr 1976 sein Debut gab und mittlerweile rund 17 Millionen Mal verkauft wurde. Der Zuwachs an Länge (7,1 Zentimeter) und Breite (1,3 Zentimeter) schlägt jedoch nicht vollends auf den Innenraum durch, wie es eigentlich zu erwarten wäre. Für die Frontpassagiere sind die Platzverhältnisse zwar bequem, hinten jedoch kneift’s ein bisschen an Kopf und Beinfreiheit. Auch hier hat der neue Polo (er kommt allerdings erst im Herbst) die Nase vorn, platztechnisch, genau wie beim Kofferraumvolumen, das beim Wolfsburger 351 Liter, beim Kölner jedoch nur 269 Liter beträgt
Die wahre Größe des Fiesta schlummert unter seinem elegant dynamischen Blechkleid, das uns sehr vertraut, also nicht revolutionär neu vorkommt – warum auch ändern, was bisher so erfolgreich war. Den Innenraum hat Ford „entstaubt und aufgeräumt“. Heute finden sich nur noch die Hälfte an Knöpfen und Schaltern (allesamt intuitiv bedienbar) im Cockpit. Und der obere Teil sieht außerordentlich hochwertig aus und fühlt sich auch so an – Hartplastik ist kaum mehr zu sehen. Im Zentrum des Armaturenbretts prangt ein riesiger Bildschirm im Tabletformat, der den Fahrer mit allen relevanten Informationen versorgt.
Bei den Assistenzsystemen fährt der Fiesta im Kleinwagensegment mittlerweile ganz vorne mit. Genau 15 „Heinzelmännchen“ bieten alle jene Dienste, die oft nur einige Klassen höher zu finden sind. Diese Fahrer-Assistenzsysteme basieren auf zwei Kamera-, drei Radar- und zwölf Ultraschall-Modulen. Gemeinsam können sie einen 360-Grad-Bereich rund um das Fahrzeug überwachen und bei Geradeausfahrt die nächsten 130 Meter der Straße scannen. Eines der wichtigsten Systeme ist der Pre-Collision-Assist mit Fußgängererkennung, dessen Kamera nachts auch im Licht der Scheinwerfer Menschen erkennt, die sich auf oder direkt neben der Fahrbahn befinden und den Weg des Autos kreuzen könnten. Aufgabe des Systems ist es, frontale Kollisionen mit anderen Fahrzeugen oder Fußgängern zu verhindern oder die Schwere des Aufpralls zu verringern.
Für Einpark-Muffel ist der Park-Assistent ein Segen, denn der parkt –das kennen wir ja – selbsttätig ein und aus ohne dass der Fahrer am Lenkrad kurbeln muss, bremst nun aber zusätzlich automatisch ab, falls der Fahrer pennt und das Bremsen vergisst. Klasse finden wir das exklusive B&O PLAY Sound System und das Multimedia-Konnektivitäts-System Ford SYNC 3 mit AppLink und 6,5- oder 8-Zoll großem Touchscreen.
Neu ist für Kleinwagen ist das Cross Traffic Alert System, das beim rückwärts herausfahren aus Parkbuchten vor anderen Verkehrsteilnehmern warnt, die sich seitlich von hinten nähern. Leider sind die meisten Assistenzsysteme– vom einstellbaren Geschwindigkeitsbegrenzer über die adaptive Geschwindigkeitsregelanlage, den Tot-Winkel-Warner oder Müdigkeitswarner bis zum Fahrspur- und Fahrspurhalte-Assistenten sowie Distanzwarner nicht in Serie zu haben, sondern kosten Aufpreis, der allerdings recht moderat ausfällt. Die Preise liegen zum einen bei 250 Euro (Fernlicht-Assistent, Müdigkeitswarner, Verkehrsschilderkennung) oder – wenn der adaptive Tempomat mitbestellt wird – 600 Euro.
Bei den Motoren finden sich Benziner mit drei oder Diesel mit vier Zylindern. Den beiden 1,1-Liter-Basisbenziner mit 70 und 85 PS fehlt unten raus etwas der „Bumms“, besser läuft’s mit den drei 1,0-Liter-EcoBoost-Motoren mit Turbo-Aufladung. Sie leisten 100, 125 und (für die Ausstattungen ST und Vignale) 140 PS. Am meisten gefragt sein dürfte der 100-PSler, der ab 15 100 Euro in der Liste steht. Bei den Selbstzündern bietet Ford im Fiesta zwei 1,2-Liter-Motoren 85 und 120 PS; die Preise: ab 15 800 Euro.
Der Fiesta geht in drei Ausstattungslinien und zwölf Farben an den Start: Trend, Cool & Connect sowie Titanium. Im Herbst folgt der sportliche ST (ab 20 900 Euro) und der luxuriöse Vignale (ab 20 600 Euro). 2018 folgt der Crossover „Active“.
Noch ein Satz zu den Preisen. Wenn gleich der Fiesta recht selbstbewusst eingepreist ist und die fünftürige Version 775 Euro teurer ist als der härteste Konkurrent Polo, ist das Ford-Marketing zuversichtlich und verweist auf die relative freie Preisgestaltung der Händler. Die werden’s schon richten – hoffentlich. (autour24/khf)
Technische Daten Ford Fiesta ST-Line:
Fünftüriger Kleinwagen. Länge/Breite/Höhe: 4,07 m/1,74 m/1,47 m, Leergewicht: 1.164 kg, Zuladung: 501 kg, Kofferraumvolumen: 269 – 1.069 l. Motor: Dreizylinder-Turbo-Benziner mit Direkteinspritzung, Hubraum: 998 ccm, Leistung: 103 kW/140 PS bei 6.000/min, max. Drehmoment: 180 Nm bei 1.500-5.000/min, 0-100 km/h: 9,0 s, Höchstgeschwindigkeit: 202 km/h, 6-Gang-Schaltgetriebe, Frontantrieb, Normverbrauch: 4,5 l Super/100km, CO2-Ausstoß: 102 g/km, Preis: 21.700 Euro.