Von Klaus H. Frank
Wer einen ersten Blick auf die neue Honda Civic Limousine wirft, dem drängt sich prompt die Frage auf: Wo ist denn das Stufenheck? Eigentlich, so die Erfahrung, haben Limousinen doch ein Stufenheck – oder? Aber dieser Civic hat keins. Diese Limousine sieht eher aus wie ein Fließheck oder wie ein Coupé. Die Honda Strategen nennen dies ein „fortschrittliches“ Stufenheckprofil und erklären, dass nicht nur in dieses Design, sondern in die gesamte Entwicklung der Civic Limousine enorm viel Hirnschmalz investiert wurde. „In die Entwicklung des Civic sind so viele umfassende Innovationen und Änderungen wie bei keinem Honda Modell zuvor eingeflossen“, sagt Mitsuru Kariya, Chefingenieur und globaler Entwicklungsleiter des neuen Civic. Denn dieser Civic sollte der sportlichste aller Zeiten werden.
Und das ist er auch – optisch auf jeden Fall. Und egal, ob Stufenheck oder nicht: Die neue Civic Limousine sieht verdammt gut aus. Tief, breit und geduckt steht sie auf der Straße, lässt keine Zweifel daran aufkommen, dass Honda und Sport zusammengehören wie „Hubert und Staller“. Und groß ist sie geworden, diese Civic Limousine, die eigentlich auch als Accord durchgehen würde. Dem trauern nach wie vor viele nach, nachdem die Produktion vor zwei Jahren eingestellt wurde.
Die Civic Limousine ist mit 4,65 Meter neun Zentimeter länger und 4,5 Zentimeter breiter als der Vorgänger und besitzt den größten Innenraum ihrer Klasse. Die gewachsenen Maßen wirken sich auch positiv auf das Gepäckabteil aus, dass mit 519 Litern knapp vierzig Liter mehr schluckt als das des Fünftürers. Optisch unterscheidet sich die Limousine wenig von diesem Fünftürer, ist eleganter und lang nicht mehr so krawallig wie mancher Vorgänger. Das sehr gut verarbeitete Interieur besitzt einen hochwertigen Touch, das Cockpit ist aufgeräumt und fast alles (Klima, Navi, Infotainment, Rückfahrkamera), wird über ein Sieben-Zoll-Touchscreen gesteuert.
Was den Antrieb betrifft, ist die Auswahl recht einfach. Vorerst nämlich ist nur ein Vierzylinder-Turbo im Programm, der seine 182 PS aus 1,5 Liter Hubraum bezieht und dank 220 bis 240 Nm Drehmoment zwischen weit gespreizten 1700 und 5500 Touren ausreichend Kraft auch unten raus produziert. Handgeschaltet erledigt der Civic den Sprint auf 100 in 8,1 Sekunden und schafft 210 km/h Spitze. Mit CVT-Getriebe sinkt die Höchstgeschwindigkeit auf 200 km/h und die Zeit für den Sprint auf 8,3 Sekunden. Und damit sind dann auch die Fahrfreude etwas, denn das CVT-Getriebe kann einem spontanen Gasfuß wie gewohnt nicht folgen – nach dem Kickdown gibt’s erstmal die „berühmte“ Gedenksekunde. Das wirkt dann alles ein bisschen zäh. Aber mit den Schaltwippen am Lenkrad kann das mangelnde Temperament wieder etwas befeuert werden. Den Verbrauch nach Norm gibt Honda mit 5,8 Litern an.
Bei den Fahreigenschaften jedoch ist der Civic in seinem Metier und kehrt seine Sportlichkeit heraus. Das Fahrwerk ist straff, ohne unkomfortabel zu sein, die Lenkung ist ungeheurer direkt, Kurven nimmt der Fronttriebler auch bei zügigem Fahren problemlos gutmütig, die Bremsen haben zupackenden Charakter. Dynamiker werden sich in der Civic-Limousine sehr wohl fühlen.
Das Ausstattungsniveau des Civic dürfen auch Nörgler sehr wohlwollend abnicken: Schon in der Basisversion „Comfort“, die ab sofort für 25 520 Euro beim Händler steht, finden sich elektrische Fensterheber, Klimaanlage, Sitzheizung, Zentralverriegelung und das Sicherheitspaket „Sensing“, in dem unter anderem Kollisionswarner mit Notbremse und Fußgängererkennung, Abstandsradar, Spurhalteassistent und Verkehrszeichenerkennung vereint sind. Wer nach mehr Ausstattung sucht, der findet sie in den Versionen „Elegance“ und „Executive“, die dann jedoch mit 27 980 und 30 620 Euro zu Buche schlagen.
Noch ein Wort zur Aufpreispolitik mit einem Seitenhieb auf deutsche Hersteller. Die sollten sich mal die Aufpreisliste von Honda anschauen – und vor Scham erröten. Denn dort finden sich lediglich die abnehmbare Anhängerkupplung (780 Euro), das Design-Paket Sport (1090Euro), CVT-Getriebe 1300Euro und Sonderlackierungen für 520 Euro. Ganze 3690 Euro sind dies – bei einigen deutschen Marken ist das Fünffache oder mehr nicht ungewöhnlich. (autour24/khf)