VW Touran – ein Hoch auf den Pampersbomber

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Von Klaus H. Frank

Und da sage jemand, Vans hätten kaum Zukunft, weil Ihnen die SUVs die Existenzberechtigung wegnehmen würden. Das ist Quatsch, wie uns der VW Touran lehrt, der im Jahr 2016 mit über 112.000 Neuzulassungen als meistverkaufter Van Europas Geschichte geschrieben hat. Der beliebteste Van in Deutschland ist er ohnehin-vor allem bei Familien. Und das hat seine Gründe.

Sicherlich sind die Offroader und Pseudo-Offroader in siebensitziger Ausführung eine Alternative zum Van – aber keine echte. Denn hinten in dritter Reihe können nur „Zwerge“ sitzen. Beim Touran hingegen sind die beiden hinteren Einzelsitze (640 Euro Aufpreis) mehr als nur Notsitze. Da können sogar Erwachsene über eine längere Strecke angenehm reisen. Sehr wichtig für Familien mit Kindern – und deren Sicherheit: Auch in der dritten Reihe gibt’s Isofix-Verankerungen. Werden die beiden Sitzgelegenheiten dort hinten nicht gebraucht, sind sie „Abrakadabra“ wegzuzaubern – mit einem Handgriff verschwinden sie im Unterboden und schaffen viel Platz fürs Gepäck: Ohne diese dritte Reihe sind es genau 834 Liter. Und werden gar die drei Einzelsitze in der zweiten Reihe flachgelegt, dann entsteht eine topfebene Fläche auf der 1857 Liter (dachhoch beladen bis zu den Lehnen der Vordersitze) transportiert werden können.

Wenn in so einem „Pampersbomber“ sieben Personen unterwegs sind, dann gibt’s viel einzupacken. Nicht dran zu denken, was Kinder so alles mitschleppen wollen. Ob Kuschelbär oder frisch gesammelte Kastanien, die Plastik-Dino-Sammlung oder die Schachtel getrockneter Maikäfer – alles muss mit. Und alles braucht Platz. Wir haben’s nicht gezählt, aber laut Volkswagen sollen 47 Ablagefächer beim Touran an Bord sein. Und die braucht’s. Allein in der vordersten Reihe finden sich 13 davon für den üblichen Krimskram – Parkgroschen, Kugelschreiber, Brille etc. Ist ja wirklich klasse. Aber das Problem solch vieler Ablagen kennt man ja: Wer weiß eigentlich noch, was wo verstaut wurde? Was soll’s. Hauptsache für Kids sind Spiele eingepackt, damit’s nicht langweilig wird. Es gäbe zwar noch was gegen Langeweile, aber das ist halt ein bisschen teuer. Ein riesiges Panoramadach, das für 1400 Euro Aufpreis in der Sonderausstattungsliste steht. Dann nämlich können die Kinder während der Fahrt Wolken am Himmel zählen oder Krähen oder sonst was.

Dieser Kinderkram interessiert Papi am Steuer nur peripher. Für ihn ist interessant, welcher Touran das beste Preis-Leistungsverhältnis hat. Also von der Motorenseite her gesehen, ist der Diesel mit 115 PS sehr zu empfehlen. Mit dem unmerklich schaltenden 7-Gang-DSG-Getriebe (leider 1925 Euro teurer als Handschaltung) verbraucht dieser Touran nach Norm nur 4,4 Liter. In der Praxis ist es – wie unser nicht repräsentativer Testbrauch von 6,2 Litern zeigt – aber doch etwas mehr, was natürlich in erster Linie vom Feingefühl im rechten Fuß abhängt. Wer das besitzt, kann mit fünf Litern zurechtkommen.

Sicherlich ist dieses Triebwerk keine Ausgeburt an Temperament (Sprint auf 100 in 11,4 Sekunden, Spitze 190 km/h), jedoch macht der Diesel mit seinem kräftigen Durchzug wahnsinnig viel Laune. Schon ab 1500 Touren, also kurz nach Leerlaufdrehzahl, steht das maximale Drehmoment (250 Nm) zur Verfügung. Diese Kraft gibt ein sicheres Gefühl beim Überholen.

Die Fahreigenschaften des Touran sind mehr als lobenswert. Obwohl Familienkutsche, lässt er sich, wenn’s sein muss und eilige Termine drängen, auch mal durch enge Kurven prügeln – und bleibt dabei durchaus gutmütig. Sicherlich schiebt der Frontriebler etwas über die Vorderräder, aber das lässt sich kontrollieren. Wird’s kritisch, dann bremst das ESP den allzu forschen Fahrer ein. Selbstredend sind die Bremsen zupackend gut und die Lenkung absolut zielgenau – der Touran ist ein gutes Auto. Und er ist – trotz seiner „quadratisch-praktisch-gut“-Karosserie – ein schickes Auto, wenngleich die Franzosen (Espace) da eher Vorbild sein könnten. Das unspektakuläre Volkswagen-Design jedoch bürgt für einen hervorragenden Wiederverkaufswert.

Sachliche Eleganz prägt den Innenraum. Glänzender Klavierlack und Aluminium-Applikationen frischen das Schwarz der Armaturentafel freundlich auf, die Haptik ist angenehm – einzig ein virtual Cockpit fehlt. Aber das steht in der nächsten Generation an.

Voll auf der Höhe der Zeit sind die Assistenz- und infotainmentsysteme des Touran. MirrorLink, Apple CarPlay und Google Android Auto reisen mit an Bord und machen den Touran zum rollenden Smartphone. Klasse finden wir das ACC mit Front Assist und City-Notbremsfunktion. Sehr hilfreich ist die automatische Distanzkontrolle, die den Geschwindigkeitsbereich von 30 bis 210 km/h abdeckt (mit DSG von 0 bis 210 km/h). Mit ACC plus DSG bewegt sich der Van nun nahezu automatisch durch den Stop-and-Go-Verkehr: Er bremst selbsttätig bis zum Stillstand ab und fährt wieder an. Weitere Highlights: Die Drei-Zonen-Climatronic sorgt für pollenfreie Luftqualität und das Kamerasystem „Car-Net Cam Connect“ ersetzt  den Blick der Eltern in den Fond, um zu kontrollieren, was die Kids denn da hinten so treiben. Im Touran überträgt eine GoPro-Kamera ein Bild der Kinder auf den Monitor des Infotainmentsystems – damit wird eventuellem Unsinn ein Riegel vorgeschoben. Ein Hoch auf den Pampersbomber. (autour24)

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