Von Klaus H. Frank
Was sagte doch meine Frau, als sie den Opel Astra Sports Tourer erstmals zu Gesicht bekam: „Mann, ist der groß, Mann“. Sie meinte den Kofferraum des schicken Kombis, der in dieser Klasse wirklich beeindruckend ist. Wer das Vorgängermodell kennt und mit dem neuen noch nicht vertraut ist, der staunt wirklich Bauklötze: Die Konstrukteure haben das Gepäckabteil nochmal um 80 Liter aufgestockt, womit der Astra Sports Tourer nun bis zu 1630 Liter schluckt. Da haben die direkten Konkurrenten Golf und Focus deutlich das Nachsehen. Obwohl sich an der Außenlänge von 4,70 Metern eigentlich nichts geändert hat, wirkt der Innenraum nun deutlich luftiger. Knapp drei Zentimeter mehr Platz für die Beine im Fond und etwa vier Zentimeter mehr Kopffreiheit klingen eigentlich mickrig. Gefühlt sind das aber wahre Welten
Auch Fahrer und Beifahrer dürfen sich über zweieinhalb Zentimeter mehr Luft zwischen Scheitel und Dach freuen und sitzen fürstlich. Am besten jedoch, wenn sie tief in die Tasche greifen und 685 Euro extra hinblättern. Dafür nämlich gibt’s dann von der AGR (Aktion Gesunder Rücken) zertifizierte Sitze. Für Vielfahrer ist dieses Gestühl sicherlich eine lohnenswerte Investition, besitzt es doch (ein Novum in der Kompaktklasse) Massage- und Memory-Funktion, Ventilation und Sitzwangen-Verstellung. Selbstverständlich sind die Sitze beheizbar, wie auch die im Fond – das ist nicht alltäglich.
Es sind aber nicht nur die grandiosen Platzverhältnisse und die tollen Sitze mit denen der Astra ein neues Kapitel in der Opel-Geschichte aufgeschlagen hat: Es sind die pfiffigen Details, die im Astra stecken und bisher meist nur aus höherklassigen Modellen bekannt waren. Wie etwa der Mechanismus fürs Öffnen und Schließen der Heckklappe. Die beidhändig bepackte Shopping-Queen braucht sich nun nicht mehr Gedanken machen, wie sie den Autoschlüssel aus der Handtasche fingert, um den Astra zu öffnen. Ein Kick mit dem Fuß unter die hintere Stoßstange reicht aus – und die Heckklappe schwingt auf, wie von Geisterhand. Das Sesam-öffne-Dich funktioniert auch als Sesam-schließe-Dich – also umgekehrt. Je nach Ausstattung kostet der Spaß zwischen 750 und 885 Euro – lohnt sich. Praktisch auch, dass sich die serienmäßig im Verhältnis 40:20:40 geteilte Rücklehne vom Kofferraum aus mit nur einem Handgriff umlegen lässt und eine Ladefläche freigibt, die platt ist wie die Norddeutsche Tiefebene. Was dort draufgepackt wird, lässt sich mit Schienen oder Netzen (Flex-Organizer-Paket für 125 Euro) sichern, sodass beim Bremsen den Fahrgästen nichts um die Ohren fliegt.
Bei seinen sehr guten Fahreigenschaften profitiert der Astra Sports Tourer von den Abspeckmaßnahmen, die ihm die Ingenieure auferlegt haben. Bis zu 190 Kilogramm ist dank Leichtbau das Gewicht gesunken – Leichtigkeit wurde damit perfekt in Leichtfüßigkeit umgesetzt. Der Astra wirkt außerordentlich agil (0-100 in 8,9 Sekunden, Spitze 207 km/h), lenkt sehr präzise in Kurven ein, bleibt gutmütig auch bei flotter Fahrt, kennt kaum Lastwechsel – auch dann nicht, wenn mal das Gaspedal in der Kurve gelupft werden muss. Und: Er federt komfortabel ein, ohne dabei zu weich zu sein. Einzig im vollbesetzten Zustand meldet sich die Hinterachse etwas polternd, will Querrinnen nicht so wegstecken, wie es sein sollte.
Die Leichtigkeit bringt aber noch ein zweites positives Resultat: Der Astra schluckt weniger. Der von uns im Test gefahrene 1,6 CDTI mit 110 PS verbraucht laut Papier nach Norm gerade mal 3,9 Liter. Das ist allerdings ein bisschen zu positiv veranschlagt. Im Test waren es dann doch 6,2 Liter, denn schließlich müssen 1,4 Tonnen rumgeschleppt werden und die 300 Nm Maximaldrehmoment klingen zwar recht gut, liegen aber nur in der engen Spanne von 1750 bis 2000 Touren an, was bedeutet, dass der 1,6-Liter-Diesel drunter oder drüber manchmal etwas schlapp wirkt und der Fahrer etwas mehr Gas geben muss.
Absolut auf Niveau der Oberklasse rangiert der perfekt geräuschgedämmte Innenraum. Die Materialien haben Premium-Qualität, die Verarbeitung ist Spitze und die Ergonomie dank des aufgeräumten Cockpits vorbildlich. Das wilde Knöpfe-Sammelsurium ist dem zentralen Touchscreen-Display gewichen, über das die Funktionen per Finger-Tipp gesteuert werden. Assistenzsysteme – vom Kollisionswarner, der bis zum Stillstand abbremst, bis hin zum Parkassistenten – unterstützen den Fahrer, ein WLAN-Hotspot sorgt für eine stabile Internetverbindung. Einer unserer Favoriten bei den Assistenzsystemen ist das fantastische Lichtsystem Intellilux LED-Matrix-Licht (ab 1150 Euro). Damit sind Nachtfahrten ausschließlich mit Fernlicht möglich, ohne dass andere Verkehrsteilnehmer geblendet werden. Die Frontkamera erkennt dabei entgegenkommende oder vorausfahrende Autos und schneidet sie quasi durch das Abschalten einzelner LED-Module aus dem sehr weit reichenden Lichtkegel aus und lenkt das Fernlicht um sie herum. Wichtig für die Generation Smartphone: Das Infotainment-Systems ist sowohl mit Apple CarPlay als auch mit Android Auto kompatibel. Einzigartig ist die Direktverbindung mit einem Mitarbeiter des On-Star-Service (490 Euro), der 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr auf alle Fragen eine Antwort weiß, stets hilfsbereit ist und einen hungrigen Astra-Piloten mit dem Navi sogar zur nächsten Pizzeria leiten würde. Der Preis für den Astra Sports Tourer Innovation 1.6 CDTI mit 110 PS liegt bei 26 530 Euro – ein sehr fairer Preis. (autour24)