Von Klaus H. Frank
Wenn ein Auto in die Jahre kommt, also der halbe Modellzyklus überschritten ist, dann ist in der Regel eine Überarbeitung fällig. Facelift nennt man sowas, weil damit in der Regel Design-Retuschen verbunden sind, die die Optik dem Zeitgeist anpassen sollen. Auch bei der Deutschen liebstem Auto, dem Volkswagen Golf, ist die Zeit für eine Modellüberarbeitung gekommen. Die allerdings nennt Volkswagen nicht Facelift, sondern Update. Verständlich. Denn von der Optik her hat sich nur ganz, ganz wenig geändert. Der interessierte Betrachter muss schon mit der Nase draufgestoßen werden, um zu erkennen, dass zum Beispiel die Stoßfänger leicht überarbeitet sind oder dass der Golf nun nicht mehr mit Xenonlicht, sondern mit neuen LED-Scheinwerfern, die Nacht zum Tag macht.
So ist es der Begriff Update, der aufhorchen lässt. Denn Update heißt Fortschritt in der digitalisierten Welt. Und so ist es auch. Die Wolfsburger Ingenieure haben den Golf, der nun mittlerweile rund 43 Millionen Mal vom Band gerollt ist, mit allen nur erdenklichen innovativen technischen Highlights gespickt und mit Details ausgestattet, die sonst nur in höherklassigen Modellen zu finden sind. Wie etwa die Gestensteuerung des neue Radio-Navigations- und Onlinesystem „Discover Pro“ mit einem 9,2-Zoll-Screen. Das gab‘s noch nie in der Kompaktklasse – eine Weltneuheit.
Besitzern von Smartphones muss wohl kaum erklärt werden, was Gestensteuerung bedeutet. Durch Wischgesten mit der Hand kann der Fahrer ohne Berührung sich durch die verschiedenen Menüs bewegen, kann Radiosender wechseln, die Lautstärke ändern (ein Drehknopf wär mir lieber) und die Playlist vor- und zurückblättern sowie im „Picture Viewer“ und in den Musikalben von einer Seite zur anderen hüpfen.
Besonders interessant erscheint die Erweiterung der Online-Dienste und Connect Apps. Es klingt genial, was es da alles gibt: Nun ist es möglich, via „DoorBird“ aus dem fahrenden Auto heraus jemandem, der ein paar hundert Kilometer entfernt zu Hause an der Tür klingelt, diese auch zu öffnen. Der Golf-Fahrer sieht online und live auf seinem Display per Video, wer das ist, der da daheim Einlass begehrt und kann mit ihm über die Golf-Freisprechanlage schwätzen. Die Verbindung zum Golf wird ganz automatisch hergestellt, sobald jemand zu Hause den Klingelknopf drückt. Und der Blick auf das Display verrät, ob dies nun wirklich der freundliche Nachbar ist, der im Urlaub die Blumen gießt, oder ob es wirklich der Postmann ist, der da eben zweimal geklingelt hat.
Ganz toll: das Active Info Display. Das ist wirklich „ganz großes Kino“. Alle Informationen werden im 12,3 Zoll großen Farbscreen im Blickfeld des Fahrers rein virtuell dargestellt. Dank einer extrem hohen Auflösung ist die Gestaltung sehr präzise und detailreich, was vor allem für die Navigation von Vorteil ist. Tacho und Drehzahlmesser können vergrößert oder verkleinert dargestellt werden, um etwa die Navigationskarte im Raum zwischen den beiden Rundinstrumenten größer darzustellen.
Das Update des Golf integriert auch eine nie dagewesene Rekordzahl von Assistenzsystemen – ein Novum in der Kompaktklasse: Technologien wie die City-Notbremsfunktion mit neuer Fußgängererkennung (Front Assist), der neue Stauassistent (teilautomatisiertes Fahren bis 60 km/h) und der ebenfalls in diesem Segment neue Emergency Assist machen dem Golffahrer das Leben leichter. Sie verbessern die Sicherheit, helfen zum Beispiel Auffahrunfälle zu vermeiden. Der Stauassistent erhöht den Komfort im dichten Verkehr, weil tatsächlich über eine gewisse Zeitspanne die Hände vom Lenkrad genommen werden können.
Echt klasse ist, was für Sicherheit und Service geboten wird. Ganz wichtig dabei sind Dienste wie der „Notruf-Service“, die „automatische Unfallmeldung“ und der „Pannenruf“. Bei einem Unfall mit Airbagauslösung aktiviert das System automatisch einen Notruf. Auch kann mit diesem Service überprüft werden, ob der Wagen verschlossen oder das Licht ausgeschaltet ist. Und wer Fahranfänger in der Familie hat, wird die „Gebietsbenachrichtung“ zu schätzen wissen. Sie informiert darüber, wann der Golf ein definiertes Gebiet erreicht oder verlässt und „verpetzt“ den Fahrer, falls der eine zuvor definierte Geschwindigkeit überschreitet. Das klingt zwar schon ein bisschen nach Spionage, besorgte Eltern wird es aber sicherlich sehr beruhigen.
Neues zu berichten haben auch die Motorenentwickler: Der Golf fährt nun auch mit einem neuen 1,5 TSI-Triebwerk (ersetzt den 1,4 TSI) mit 150 PS. Der Direkteinspritzer mit variabler Zylinderabschaltung, läuft ausgesprochen kultiviert und besitzt schon im Drehzahlkeller von 1500 Touren das kräftige Drehmoment von 250 Nm. Der Normverbrauch mit Schaltgetriebe liegt bei 5,0 Liter, mit DSG bei 4,9 Litern.
Auch eine BlueMotion-Variante des 1.5 TSI ist in Planung. Die leistet 130 PS, erreicht das Drehmomentmaximum von 200 Nm schon bei 1400 Touren und besitzt eine sogenannte Segelfunktion, bei der beim Gaswegnehmen der Motor komplett abgeschaltet wird. Das gibt’s bisher nur bei Hybridmodellen. Dies soll den Verbrauch um weitere 0,4 Liter senken, wer einen besonders leichten Gasfuß hat, soll sogar bis zu einem kompletten Liter sparen.
Im März wird der neue Golf in nahezu all seinen Varianten in die Schaufenster der Händler rollen. Für das Basismodell (Einliter-Dreizylinder mit 85 PS) werden dann 17 850 Euro zu bezahlen sein. Der hochmoderne 1,5-Liter-TSI liegt bei 26 175 Euro. (autour24)