Von Klaus H. Frank
Wir Deutschen machen ja gern nach, was uns die Amis vormachen. Nur in Sachen Autos nicht, oder kaum. Vor allem – wir fahren keine Pick-ups. Die Dinger sind ja absolut hip in den USA. Nur bei uns ringt sich kaum jemand ein müdes Lächeln ab, wenn er so einen Pritschenwagen (wie man früher sagte) vorbeifahren sieht. Warum eigentlich? Sie sind doch so praktisch – nicht nur für Bauern, Handwerker, Gärtner. Nein. Sie sind auch praktisch für jedermann. Wie hätte ich denn sonst letzthin meine alte Geschirrspülmaschine entsorgen sollen? Mit dem Mitsubishi Pick-up L200 ist das kein Problem. Einfach draufschmeißen auf die Pritsche – fertig. Selbst wenn da noch Restwasser rausläuft – was soll‘s. Ein Pick-up steckt‘s weg. Bei einem Kombi, mit dem sonst so sperrige Dinge transportiert werden müssten, wäre das eine richtige Sauerei geworden. Altes Spülwasser auf dem schicken Teppich des Gepäckabteils – igitt. Und dann noch das Einladen vorher. Richtig schweißtreibend ist das, weil man ja nichts zerkratzen oder kaputt machen will am Lifestyle-Kombi.
Also ich bin ein Fan von Pick-ups geworden, hab mich regelrecht verliebt in diesen lifestyligen Lastenesel L200. Nicht nur weil er so praktisch ist, sondern weil er wirklich toll aussieht. Das Gesicht ist bullig, die Seitenlinie schon fast elegant, weil Kabine und Ladefläche harmonisch ineinander übergehen. So schick gestylt kann der L200 nicht nur bei nutzungsorientierten Menschen Punkten sammeln. Auch auf dem Boulevard gibt er eine gute Figur ab. Vor allem, wenn er mit ein paar attraktiven Features wie Edelstahl-Front- und Überrollbügel, geschmiedeten 18-Zoll-Felgen oder dem Hardtop mit Reling und Spoiler ausgestattet wird. Da wird aus dem Lasten-Esel im Handumdrehen ein Edel-Laster.
Echt klasse ist der Mitsubishi-Klassiker als fünfsitzige Doppelkabine (5,28 Meter Länge, 1,81 Meter Breite), denn dann ist der Pick-up fast wie ein normaler Pkw nutzbar. Er hat fünf Sitzplätze, die vorne so viel Platz bieten wie in einem normalen SUV, und auch in der zweiten Reihe muss niemand klaustrophobische Ängste haben – dort sitzt sich’s bequem. Wer im Passagierraum nicht allzu viel Platz benötigt, dafür aber mehr für die Ladefläche, der sollte sich den Club Cab (5,19 Meter Länge, 1,73 Meter Breite) ansehen. Der Viertürer hat in der zweiten Reihe zwar nur zwei Notsitze, dafür aber eine Ladefläche, die mit 1,85 Metern Länge 33 Zentimeter länger ist, als bei der Doppelkabine – da passt richtig was drauf.
Den Innenraum des L200 hat Mitsubishi hübsch wohnlich eingerichtet. Die Ledersitze mit Sitzheizung sind für die Langstrecke bequem gepolstert und die Ausstattung ist keineswegs spartanisch, erinnert stark an die SUV-Brüder. Chrom und Klavierlack werten das Interieur sichtlich auf. Und mit den zahlreichen optionalen Details lebt es sich fast so kommod wie in einer Limousine. Wer die mittlere Ausstattungsstufe Plus wählt, bekommt eine Rückfahrkamera, Zwei-Zonen-Klimaautomatik, Touchscreen-Display fürs Navi und den Spurhalteassistenten.
Bei den Fahreigenschaften des Pick-ups sollte niemand Wunder erwarten – schließlich hat der Mitsubishi L200 hinten nur eine Starrachse mit Blattfedern. Und die kann sich manchmal ziemlich polternd melden – vor allem auf schlechten Straßen. Ganz generell aber benimmt sich der L200 ausgesprochen manierlich, läuft stabil geradeaus, vor allem dann, wenn etwas Gepäck auf die Ladefläche gepackt wird. Zügige Fahrten auf der Autobahn meistert er genau so gut wie seine SUV-Genossen.
Praktisch ist der permanente Allradantrieb mit Gelände-Untersetzung (das hat nicht jeder), mit dem er in Wald und Flur mühelos auch steilste Hänge hochkraxelt. Unser Testfahrzeug (eine Doppelkabine in Top-Ausstattung) verlässt sich zur Optimierung der Traktion beim Klettern einzig auf die Elektronik, die das jedoch ausgenommen gut beherrscht. Sie erledigt die Momentenverteilung zwischen hinten und vorne ganz perfekt. Bis zu Geschwindigkeiten von 100 km/h kann auch während der Fahrt zwischen dem Hinter- und dem Allradantrieb gewechselt werden. Dennoch vermisst der wahre Offroad-Freund im Gelände die zuschaltbare 100-Prozent-Sperre an der Hinterachse, die in den weniger gut ausgestatteten L200-Versionen sogar serienmäßig vorhanden ist.
Der 2,4-Liter-Diesel mit 181 PS und einem kraftvollen Drehmoment von 430 Newtonmetern bei 2500 Touren verschweigt zwar nicht seine Herkunft, besitzt jedoch dank Alu-Bauweise ein erfreulich niedriges Geräusch-Niveau. Die Kraft ist ausreichend, um den Zweitonner stets bei Laune zu halten. Den Sprint auf 100 erledigt der L200 in 11,8 Sekunden (mit Fünfgang-Automatik) und erreicht eine Spitze von 177 km/h. Weitere Daten: Wattiefe 60 Zentimeter, Zuladung 879 kg, Anhängelast 3100 kg. Der Normverbrauch liegt bei 7,2 Litern, der Testverbrauch jedoch knapp zwei Liter höher.
Der Preis von 40 290 Euro für die Doppelkabine mit dem 181-PS-Triebwerk ist zwar kein Discountangebot, jedoch verkraftbar. Wer’s billiger mag, greift zum Club Cab. Der startet mit dem schwächeren 154-PS-Diesel schon bei 26 290 Euro
Keine Frage: Pick-ups werden auch hierzulande an Popularität gewinnen – sogar Mercedes zieht bald nach und folgt, wie auch andere, dem beliebten L200, der als echter Trendsetter bezeichnet werden darf. (autour24)