VW Passat – in einer anderen Liga

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Von Klaus H. Frank

Einst war er das typische Fahrzeug biederer Handlungsreisender, das keinen Neid wecken sollte, wenn es auf dem Hof kritischer Auftragsgeber parkte – der Volkswagen Passat. Heute ist das anders. Der Passat spielt in einer anderen Liga, ist nicht weit entfernt von der Oberklasse und den drei großen deutschen Premium-Marken aus dem Süden, vor allem, wenn ein Blick auf die Verarbeitung geworfen wird. Einzig im Design passt er nach wie vor eher zu einem Vertreter, als zu einem Architekten, kann nicht verheimlichen, dass den niedersächsischen Autoschneidern der konservative Mainstream wichtiger ist als revolutionäre Design-Neuerungen. Und dies, obwohl ein Design-Papst wie Walter da Silva den Zeichenstift führte.

Nicht, dass er nicht gut aussehen würde. Im Gegenteil. Modern ist er, stattlich steht er da, mit mächtiger Front, sportlichen Proportionen und kraftvollen Linien. Besondere Strahlkraft – im wahrsten Sinne des Wortes – besitzt der Kühlergrill, dessen Chrom-Quer-Streben im Sonnenlicht funkeln, wie es amerikanische Straßenkreuzer der sechziger Jahre nicht besser konnten. Dem Zeitgeist folgend sind dem Passat scharfe Kanten ins Blechkleid gebügelt – das macht sich gut. Mit seiner flach abfallenden Dachlinie sieht die Limousine fast aus wie ein Coupé, scheint den einst todschicken CC nahezu überflüssig zu machen. Obgleich der Passatfahrer mehr zu einem Kombi tendiert, entschieden wir uns im Test für die Limousine. 4,77 Meter lang ist sie, wirkt jedoch länger. Dank des riesigen Radstands von 2,79 Meter und dem nun quer eingebauten Triebwerk herrschen fürstliche Raumverhältnisse vorne wie hinten. Der Kofferraum schluckt enorme 586 Liter.

Stilvoll und elegant präsentiert sich das Innenraum-Ambiente, wenngleich der Wolfsburger Barock die Cockpit-Gestaltung nach wie vor beeinflusst hat. Etwas mehr Mut in die avantgardistische Richtung könnte nicht schaden. Die Wertigkeit hingegen liegt auf Premium-Niveau. Blickfang im Cockpit ist das 31 Zentimeter große „Active-Info-Display“ (660 Euro), auf dem Tacho und Drehzahlmesser rein virtuell dargestellt sind. Jegliche Mechanik ist hier mittlerweile passé. Zwischen den beiden Rundinstrumenten blendet das System in einer sehr hohen Auflösung Navigationsinfos ein. Eines der Highlights der achten Passat Generation ist das neue Head-up-Display (560 Euro Aufpreis). Dabei werden Geschwindigkeit, Verkehrszeichen, Navigationsdaten und Warnmeldungen auf eine ausfahrbare 10 mal 15 Zentimeter große Scheibe direkt im Sichtfeld des Fahrers projiziert. Das durchsichtige Anzeigeinstrument fährt auf Knopfdruck aus seiner Position hinter der Instrumententafel in den Sichtbereich und erlaubt dem Fahrer, den Blick nicht von Straße zu nehmen, um wichtige Informationen abzulesen.

Bei den Assistenzsystemen fährt der Passat generell ganz vorne mit. Er hat alles – und noch mehr. Grandios ist die Weltneuheit „Trailer Assist“ (630 Euro), die Gespann-Fahrern das Rangieren beim Rückwärtsfahren fast komplett abnimmt. Ein paar kurze manuelle Einstellungen, Gas geben und bremsen – und schon ist der Hänger drin in der Lücke. Ganz toll auch Area View (865 Euro), mit dem das Umfeld des Fahrzeugs aus allen denkbaren Perspektiven auf dem Bildschirm dargestellt wird. Was der Fahrer sonst nicht sehen könnte, erkennt er hier: spielende Kinder im toten Winkel zum Beispiel. Sinnvoll aber teuer ist es, bestellt man gleich das gesamte Fahrerassistenz-Paket für 2975 Euro, in dem dann eine wahre Armada von Assistenten, dem Autofahrer das Leben am Steuer deutlich erleichtern. Mein persönlicher Favorit ist die automatische Distanzregelung ACC, bei der ein Abstandssensor die Entfernung zu einem vorausfahrenden Fahrzeugs misst und die Geschwindigkeit zu ihm reguliert. Stellt der Fahrer ein höheres Tempo als der Vorausfahrende ein, dann wird er bei gleichem Abstand wie an einem unsichtbaren Band hinterhergezogen, bremst und beschleunigt wie das Fahrzeug vor ihm. Beim Bremsen wird ACC deaktiviert.

Unser Testfahrzeug war mit dem Zweiliter-TDI bestückt. Mit 150 PS und 340 Newtonmeter Drehmoment zieht die 1,5 Tonnen schwere Limousine kraftvoll an und hängt gut am Gas, ist sie erst auf Touren gekommen. Mit dem 6-Gang-Handschaltgetreiebe beschleunigt der Passat in 8,7 Sekunden auf 100 und schafft eine Spitze von 220 km/h. Der Normverbrauch wird mit glatten vier Litern angegeben, der Testverbrauch summierte sich dann aber doch auf 6,1 Liter. Nicht schlecht – und eine tolle Reichweite, denn mit dem 66 Liter-Tank sind bei gefühlvollem Gasfuß durchaus 1000 Kilometer drin.

Die Fahreigenschaften sind selbstreden hervorragend und lassen sich mit einem Fahrmodus-Schalter zwischen Comfort, Normal, Sport und Individuell regeln. Manche Zeitgenossen präferieren sicherlich die Komfortstellung, die einem sportlichen Fahrer jedoch eindeutig zu weich sein dürfte. Die Sport-Stellung erfüllt da eher die Wünsche des dynamischen Fahrers, weil der Passat so deutlich präziser um die Ecken zirkelt. Für die adaptive Fahrwerksregelung verlangt VW 1200 Euro Aufpreis.

Fazit: Der Passat ist nach wie vor Maßstab in seiner Klasse. Die Premiummarken sind technisch sicherlich auf gleicher Höhe, jedoch nicht beim Preis. Hier punktet der Passat. Die von uns gefahrene Passat Limousine mit dem Zweiliter TDI mit 150 PS kostet in der Basisversion Trendline gerade mal 30 085 Euro. In der Top-Version Highline sind es 36 475 Euro. (autour24)

Technische Daten: VW Passat Limousine 2.0 TDI:

Viertürige, fünfsitzige Limousine, Länge/Breite/Höhe/Radstand in Metern: 4,77/1,83/1,46/2,79, Kofferraum: 586 l bis 1152 l, Leergewicht: 1501 kg, Tankinhalt: 66 Liter. Motor: 2,0-Liter-Turbo-Vierzylinder-Diesel mit 110 kW/150 PS bei 3500 bis 4000/min, 6-Gang-Schaltgetriebe, max. Drehmoment: 340 Nm bei 1750 bis 3000/min, 0-100 km/h: 8,7 Sek., Höchstgeschwindigkeit: 220 km/h, Norm-Verbrauch: 4,0 l Diesel auf 100 km, CO2-Emission: 109 g/km, Preis: ab 30 085 Euro.

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