Von Klaus H. Frank
Cadillac, welch ein Name, welch ein Glanz. Wer einst einen besaß, hatte es geschafft in der Neuen Welt. Es war die Marke der Schönen und Reichen. Auch „King of Rock’n‘Roll“, Elvis Presley, fuhr Cadillac: am liebsten in Pink, aber auch vergoldet. Gangsterboss Al Capone schätzte die Limousine als gepanzerte Festung. Und US-Präsident Dwight D. Eisenhower ließ sich darin am liebsten offen chauffieren. Die Marke widerspiegelte das “who is who” der USA – damals “in the old days”. Danach wurde es ruhig. In Deutschland sogar sehr ruhig – dieses Jahr wurden gerade mal 131 Cadillacs verkauft.
Nun aber steht die Marke vor dem Comeback. 12 bis 15 Milliarden sollen in fünf Jahren investiert, acht neue Modelle auf den Markt gebracht werden. Und der Start ist ein Paukenschlag. Cadillac bringt den CTS-V. Amis nennen ihn „Sledgehammer“ – einen Vorschlaghammer. Der CTS-V ist eine Hochleistungslimousine, das den etablierten Supersportlern Audi RS6, BMW M5 und Mercedes E 63 AMG mit sagenhaften 320 km/h auf und davon fährt. Ja, 320 km/h – das ist die Höchstgeschwindigkeit des CTS-V, der mit 649 PS und dem Drehmoment von 855 Nm bei 3600 Touren Bestmarken setzt. Der Normverbrauch: 13 Liter. Unter 20 Liter geht aber kaum was. Lieferant der Spitzenleistung ist der modifizierte 6,2-Liter-V8 (mit Zylinderabschaltung) aus der Corvette, zwangsbeatmet durch einen Kompressor, der für ein absolut verzögerungsfreies Ansprechverhalten sorgt. Benchmark für die Cadillac-Konstrukteure: der Ferrari 458 – kein schlechtes Vorbild.
Das Sprintvermögen von 0 auf 100 klingt denn auch wie von einem anderen Stern: Nur 3,7 Sekunden vergehen – das sind Werte für die Rennstrecke. Und so soll es auch sein. Denn Chefingenieur Tony Roma sieht im CTS-V ein Auto für zwei absolut konträre Einsätze. Zum einen die Premium-Limousine für kultiviertes alltägliches Fahren und dann wiederum den Sportwagen mit voller Rennstreckentauglichkeit – und das direkt ab Werk. Racetracks nämlich, so Roma, spielen in den USA eine wichtige Rolle und sind stark frequentiert. Wo sonst sollte jemand in den USA ein Auto mit dieser anachronistischen Leistung ausfahren? Sheriffs, die über Tempolimits von 121 km/h wachen, bremsen Schnellfahrer gnadenlos ein.
Genial ist die blitzschnelle Acht-Gang-Automatik. Sie braucht keinen Vergleich mit einem Doppelkupplungsgetriebe zu scheuen. Butterweich wechselt sie die Gänge, wie dies auch eine Automatik mit Drehmomentwandler zelebriert. Auch per Hand kann geschaltet werden – mit Schaltwippen aus Magnesium. Ein Detail, das zeigt, das Gewichtseinsparung ein großes Thema ist. Mit 1925 Kilo ist der CTS-V das Leichtgewicht unter den High-Performance-Limousinen. Die leichte und gleichzeitig ungeheuer steife Karosserie ist es denn auch, die den Hecktriebler (mit Sperrdifferential) ungeheuer agil, sicher und präzise jeglichen Kurvenslalom absolvieren lässt. Der CTS-V zeigt kaum Wankbewegungen, bleibt trotzdem komfortabel.
Um allen Ansprüchen zu genügen, hat Cadillac dem CTS-V vier Fahrprogramme auf den Weg gegeben. Neben „Tour“ für normales Cruisen gibt‘s auch „Schnee“- nicht unwichtig bei all der Kraft an der Hinterachse. Für echte Renn-Enthusiasten sind „Sport“ und „Track“ programmiert, wobei der Track-Modus wirklich nur von Könnern aktiviert werden sollte. Hier werden sämtliche elektronische Helferlein abgeschaltet. Der Fahrer muss die 649 Pferdchen ganz alleine zügeln – und bremsen. Allerdings hilft dabei eine Brembo-Bremse, deren Scheiben-Durchmesser mit 39 Zentimetern größer ist als das mit Wildleder bespannte Lenkrad.
So wie der Cadillac CTS-V „die großen Drei“ in Sachen Leistung ärgert, so tut er dies auch beim Preis. Mit 98 500 Euro ist er rund 15 000 Euro günstiger als die Konkurrenz.
Auch eine Nummer kleiner (4,69 Meter) haben die Amerikaner etwas ganz Heißes in petto: den ATS-V – ein Fahrzeug, das sowohl als viertürige Limousine als auch als zweitüriges Coupé in den Handel kommt. Der Konkurrent von Mercedes C63 AMG, BMW M3 und Audi A4 RS macht, wie schon der CTS-V, mit grollendem Motorsound auf sein gewaltiges Leistungspotenzial aufmerksam: 470 PS leistet der V6-Benziner mit 3,6 Litern Hubraum und stellt seine bullige Kraft von 643 Newtonmetern bei 3500 U/min zur Verfügung. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 304 km/h, die Beschleunigung 0-100 km/h dauert 3.9 Sekunden. Der Verbrauch nach Norm liegt bei 11,4 Liter. Wie schon beim CTS-V ist die Ausstattung dieses Racers außerordentlich umfangreich. Der Preis der Limousine 69 900 Euro. Das Coupé kostet 72 500 Euro.