Aufgestiegen – der neue Volkswagen Passat

Einen VW Passat zu beschreiben war bis dato denkbar einfach: auffällig unauffällig. Das typische Vertreter-Auto eben, das keinen Neid wecken durfte, wenn es beim kritischen Kunden auf den Hof fährt. Bald aber wird so mancher Handlungsreisende in die Bredouille kommen, denn der neue Passat in achter Generation ist ganz anders, versteckt sich nicht mehr, macht voll auf Premium, ist so schick gestylt, dass seine Geburt nicht unbedingt in einem niedersächsischen Design-Studio vermutet wird. Und wer einen Blick auf die Verarbeitung wirft, muss attestieren: Der Passat ist keinen Deut schlechter als die Produkte der drei großen Autobauer aus dem Süden. Kein Zweifel: der Passat ist aufgestiegen. Aufgestiegen in die Liga, in der auch die C-Klasse, der 3er BMW und der A4 spielen.

Seine Historie mag nicht jedem gegenwärtig sein – umso beeindruckender ist sie. Rund 22 Millionen Mal wurde der Passat in 41 Jahren gebaut und lief auch 2013, seinem letzten vollen Produktionsjahr, noch 1,1 Millionen Mal vom Band. Spitze Bleistifte haben ausgerechnet, dass im letzten Jahr alle 29 Sekunden irgendwo auf dem Globus ein Passat einen Käufer fand. In Summe sind dies 3000 am Tag.

Der neue Passat, der im November als Limousine und Variant beim Händler stehen wird, ist mit 4,77 Metern Länge erstaunlicherweise nicht gewachsen, sondern sogar um zwei Millimeter geschrumpft. Dennoch bietet er deutlich mehr Platz. Der Grund: Der Motor ist nun vorne quer eingebaut und der Radstand knapp acht Zentimeter länger. Der Kofferraum hat ebenfalls zugelegt. Bei der Limousine um 21 Liter auf 586 bis 1152 Liter, beim Variant um 47 Liter auf 650 bis maximal 1780 Liter. Die Beifahrersitzlehne kann umgeklappt werden, sodass die Ikea-Tauglichkeit kein Thema ist: Das Billy-Regal bis 2,80 Meter Länge passt rein.

Die Räder des Passat sind nun weiter nach außen gewandert und die Karosserieüberhänge damit deutlich kürzer. Da er auch minimal breiter und etwas niedriger auf dem Asphalt steht, wirkt er außerordentlich präsent, seine Proportionen sind sportlich, kraftvoll und dynamisch. Das gleiche gilt für seine Fahreigenschaften. Der Passat fährt wie ein kleiner Phaeton. Mittelklasse ade. Das ist Oberklasse.

Besondere Strahlkraft – im wahrsten Sinne des Wortes – besitzt der neue Kühlergrill, dessen Chrom-Quer-Streben im Sonnenlicht funkeln, wie es amerikanische Straßenkreuzer der sechziger Jahre nicht besser konnten. Stilvoll und elegant präsentiert sich das Innenraum-Ambiente. Die Wertigkeit liegt auf dem Niveau von BMW und Audi. Mercedes allerdings ist hier mit seiner nagelneuen C-Klasse etwas davongezogen. Blickfang im Cockpit ist das 31 Zentimeter große „Active-Info-Display“, auf dem Tacho und Drehzahlmesser rein virtuell dargestellt sind – jegliche Mechanik ist passé. Zwischen den beiden Rundinstrumenten blendet das System in einer sehr hohen Auflösung Navigationsinfos ein. Als erster Volkswagen ist der Passat auch mit einem Head-up-Display ausgerüstet – optional allerdings, wie auch das phantastische Active-Info-Display und die meisten anderen Goodies.

Bei den Assistenzsystemen fährt der Passat ganz vorne mit. Er hat alles – und noch mehr. Grandios ist die Weltneuheit „Trailer Assist“, die Gespann-Fahrern das Rangieren beim Rückwärtsfahren fast komplett abnimmt. Ein paar kurze manuelle Einstellungen, Gas geben und bremsen – und schon ist der Hänger drin in der Lücke. Ganz toll auch Area View, mit dem das Umfeld des Fahrzeugs aus allen denkbaren Perspektiven auf dem Bildschirm dargestellt wird. Was der Fahrer sonst nicht sehen könnte, erkennt er hier: spielende Kinder im toten Winkel zum Beispiel.

Zur Markteinführung kommt der Passat mit drei Motorisierungen. Top-Triebwerk ist ein extrem laufruhiger Zweiliter-Biturbo-TDI mit 240 PS und der enormen Kraft von 500 Newtonmetern ab 1750 Touren. Aufhorchen lässt der geringe Normverbrauch von 5,3 Liter. Verkaufsschlager dürfte der Zweiliter-TDI mit 150 PS und 340 Nm Drehmoment werden. Sein bester Trumpf: ein Normverbrauch von nur 4,1 Liter. Überzeugend auch der 150-PS-Benziner, der trotz des geringen Hubraums von nur 1,4 Litern das füllige Drehmoment von 250 Nm schon bei 1500 Touren zur Verfügung stellt – fast wie ein Diesel. Sieben weitere Triebwerke sollen folgen, auch ein Plug-in-Hybrid, der 50 Kilometer rein elektrisch fahren soll. Der Spritverbrauch der neuen Modelle soll durchschnittlich um 20 Prozent gesunken sein – unter anderem ein Resultat des um bis 85 Kilo reduzierten Gewichts.

Besseres Auto, höherer Preis? Nicht unbedingt. Für die Einstiegsvariante (erscheint im Frühjahr) verlangen die Wolfsburger nur 175 Euro mehr: genau 26 750 Euro. Derzeit liegt das günstigste Angebot (150-PS-Diesel) bei 30 250 Euro. Das Topmodell jedoch kostet stolze 46 300 Euro. In der höheren Liga werden halt höhere Preise verlangt. (autour/khf)

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